LGBTIQ-feindliche Belästigungen: Zürcher Meldetool zieht Bilanz
Mit «Zürich schaut hin» wurden in acht Monaten 890 Fälle gemeldet
Mit «Zürich schaut hin» können schnell und anonym sexuelle und LGBTIQ-feindliche Belästigungen gemeldet werden – dies geschah in den ersten acht Monaten durchschnittlich viermal pro Tag.
Im vergangenen Jahr hatte die Stadt Zürich im Auftrag von Stadtpräsidentin Corine Mauch und Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart «Zürich schaut hin» lanciert. Die Idee: Sexuelle oder LGBTIQ-feindliche Übergriffe können von den Betroffenen oder von Beobachter*innen unkompliziert und anonym gemeldet werden. Dies geschah in den ersten acht Monaten des Meldetools rund 900-mal und damit durchschnittlich viermal täglich.
Erlebtes sichtbar machen Das niederschwellige Online-Angebot ist in Zusammenarbeit mit potentiellen Nutzer*innen sowie Vertreter*innen von Beratungsstellen entwickelt worden. Dabei sei deutlich geworden, dass viele Menschen, die Belästigungen erfahren, das Bedürfnis haben, das Erlebte sichtbar zu machen und zu teilen, wie die Stadt Zürich in ihrem Bericht schreibt.
Darin zeigte sich etwa, dass bei Einfachbelästigungen «Belästigung mit Worten» (33%) und «ungewollte Berührung» (20%) die häufigsten Belästigungsarten sind. Passieren mehrere Belästigungen gleichzeitig, ist ebenfalls «Belästigung mit Worten» am häufigsten, gefolgt von «Anstarren» und «Verfolgen». In 83% der Fälle werden Männer als Täter angegeben. In einem von vier Fällen agieren die Täter*innen ausserdem nicht allein, sondern mit einer Gruppe.
Sexuelle Orientierung als Motiv Die sexuelle Orientierung der Belästigten ist nach dem Geschlecht das am häufigsten genannte Motiv. Wenn die Nutzer*innen des Meldetools mehrere Motive angaben, kam ausserdem «Geschlechtsidentität» mit 12% auf einen relativ hohen Wert.
In einem Textfeld konnten die Nutzer*innen des Meldetools noch genauere Angaben machen. Eine dort aufgeführte LGBTIQ-feindliche Belästigung mit Worten lautete: «Regebogä isch verbii! Ihr huere Schwuchtlene! Mached mol mitenand umme!» (Regenbogen ist vorbei! Ihr verdammten Schwuchteln! Macht mal miteinander rum!)
Widerspruch zu Studie Erstaunlich ist, dass die meisten Vorfälle tagsüber und an einem Werktag auf der Strasse oder an öffentlichen Plätzen stattgefunden haben. Dies widerspricht der Erkenntnis aus der Sotomo-Studie «Unterwegs in Zürich», die vor einem Jahr im Auftrag der Stadt durchgeführt wurde. Damals zeigten die Daten nämlich, dass Belästigungen vermehrt in Bars und Clubs stattfinden sollen.
Das Meldetool konnte dank der Förderung durch den Innovationskredit der Stadt Zürich realisiert werden und ging im Mai 2021 online. Wer Informationen oder (rechtliche) Beratung wünscht, wird dort auf entsprechende Angebote hingewiesen.
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