Lesbische Geflüchtete akut von Abschiebung nach Pakistan bedroht – «Skandal!»

Vorwurf: «Das BAMF trifft tödliche Fehlentscheidungen»

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Symbolbild (Bild: Adobestock)

Die Lesbenberatungsstelle Letra in München beklagt Menschenrechtsverletzungen von Schutzsuchenden. Akut ist eine lesbische Geflüchtete von der Abschiebung nach Pakistan bedroht.

Die 23-jährige Areesha I. ist laut Letra seit dem 21.November in der Abschiebehaftanstalt Hof eingesperrt. Da ihr Asylantrag abgelehnt wurde, ist sie nun akut von Abschiebung nach Pakistan bedroht. «Dass Schutzsuchende in Deutschland weggesperrt werden, ist ein Skandal und eine Bankrotterklärung an die Achtung von Menschenrechten», so Julia Serdarov, Mitarbeiterin der Geflüchtetenberatung der lesbisch-queeren Beratungsstelle Letra.

Als Areeshas Familie von ihrer lesbischen Beziehung erfuhr, wurde die College-Absolventin brutal geschlagen und mehrere Tage eingesperrt. Ihr Onkel versuchte sie zu erwürgen. Als sie zwangsverheiratet werden sollte, verhalf ihr ihre Mutter zur Flucht nach Kirgistan. Doch auch dort konnte sie ihre lesbische Identität nicht frei von Diskriminierung und Ausgrenzung leben. Somit flüchtete sie weiter nach Deutschland.

Am 22.Oktober kam sie am Münchner Flughafen an und wurde sofort im Transitbereich inhaftiert. Ohne eine unabhängige Rechtsberatung und Vorbereitung auf ihr Asylinterview wurde sie zu ihren Fluchtgründen befragt. Ihr Antrag wurde wegen vermeintlicher Unglaubwürdigkeit abgelehnt. «Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnt im Moment etwa 95 Prozent der Asylanträge von geflüchteten Queers ab, die bei uns in Beratung sind. In den Ablehnungsbescheiden lesen wir immer dieselben Textbausteine und fadenscheinige Begründungen. Wem glaubt das BAMF überhaupt noch, dass sie queer sind?» fragt Julia Serdarov von Letra.

Areesha I. sei psychisch extrem instabil. Sie hatte in Pakistan bereits einen Suizidversuch unternommen, hier wurde sie nach knapp einem Monat in Transithaft wegen Suizidgedanken in die psychiatrische Klinik in Taufkirchen (Vils) gebracht, wo sie jedoch die ganze Zeit von zwei Polizeibeamten überwacht wurde - an eine Stabilisierung war unter diesen Umständen nicht zu denken. Aus der kbo wurde sie dann direkt einer Haftrichterin vorgeführt und im Anschluss in die Abschiebehaft Hof gebracht. Seitdem berichtet sie täglich von Panikattacken.

Julia Serdarov: «Wie mit unserer Klientin umgegangen wurde, ist unfassbar! Ihr wurden grundlegende Rechte wie auf eine medizinische Versorgung und ein gerechtes Asylverfahren verwehrt. Wir fordern die sofortige Freilassung von Areesha!»

PK Trans im Asylverfahren im Sub
Pressetermin im Münchner Sub zu trans Personen im Asylsystem

Auch trans Personen haben es schwer im deutschen Asyl-System. «Das BAMF trifft tödliche Fehlentscheidungen», warnt die Geflüchtetenberatung im Münchner Sub und fordert sichere Unterkünfte und faire Asylverfahren für trans und genderfluide Menschen.

Seit zwei Jahren bietet das Schwul-Queere Zentrum Münchens mit Bundesmitteln eine besondere Rechtsberatung für queere Geflüchtete an. Das Sub stellt fest: Trans und genderfluide Menschen erleben im Asylsystem Diskriminierung und Gewalt. Zum Beispiel Suru Emmanuel, ein queerer Menschenrechtsaktivist aus Nigeria, der sich seit Jahren für die Rechte von LGBTIQ in Westafrika engagiert. Als Chef der Improved Sexual Health and Rights Advocacy Initiative (ISHRAI) setze er sich für soziale Gerechtigkeit und das Empowerment von queeren Menschen ein. Wegen seines Engagements und seiner Sichtbarkeit als genderfluide Person drohten ihm in Nigeria Verfolgung, Haft und Gewalt. Eine Abschiebung würde ihn und viele Menschen, die erunterstützt, in Lebensgefahr bringen, so das Sub.

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