«Killing Me Softly»: Queer-Ally Roberta Flack ist tot
Die Sängerin hat einen Teil ihrer Lieder der LGBTIQ-Community gewidmet und an einem queeren Filmklassiker mitgewirkt
Ihr grösster Song ist auch nach 50 Jahren noch ein Ohrwurm: «Killing Me Softly». Die Frau aus North Carolina war jedoch alles andere als ein One-Hit Wonder. Roberta Flack gewann mehrere Grammys.
Clint Eastwood hörte ihren Song «The First Time Ever I Saw Your Face» im Autoradio und war wie elektrisiert: Diese sehnsüchtige Pianoballade von Sängerin Roberta Flack fand der Schauspieler so herausragend, dass er sie unbedingt für sein Regiedebüt «Sadistico» von 1971 verwenden wollte - und zwar in voller Länge.
Weltweit berühmt wurde Flack jedoch mit einem anderen Stück: «Killing Me Softly», erschienen 1973, hat auch mehr als 50 Jahre später noch generationenübergreifende Ohrwurm-Qualitäten. Am Montag starb Flack im Alter von 88 Jahren, wie ihr Verlag in einer Mitteilung bekanntgab. Schon vor drei Jahren hatte sie ihre ALS-Erkrankung öffentlich gemacht, ein unheilbares Nervenleiden.
Die Filmmusik zu «Sadistico» war der Startschuss für die grosse Karriere der Frau, die in North Carolina geboren und in Arlington bei Washington aufgewachsen war. Der bereits zwei Jahre zuvor aufgenommene Song eroberte prompt die Charts. Die bis dahin nur Insidern bekannte Interpretin gewann 1973 ihren ersten Grammy.
Tingeln durch die Clubs
Die Arte-Dokumentation «Roberta Flack: Legende des Soul» erzählte 2023 noch einmal die Geschichte einer Künstlerin, die gegen mannigfaltige Widerstände ihren Weg geht: Flacks Mutter arbeitete als Organistin in einer Kirche und förderte das musikalische Talent ihrer Tochter, die seit frühester Jugend Klavier spielte. Schon mit 15 ging Roberta auf die Universität und erlebt dort die ganze Härte und Grausamkeit der Rassendiskriminierung in den USA der 1950er Jahre. In den 1960er Jahren begann sie, durch die Clubs der US-Hauptstadt zu tingeln und ihr Repertoire immer weiter zu vergrössern.
Eigentlich wollte die hochbegabte Studentin Konzertpianistin werden, für eine schwarze Frau in den USA zu dieser Zeit nahezu undenkbar. Also studierte sie auch Pädagogik, wurde Musiklehrerin und gab dann Konzerte für ihre Schüler*innen.
Soziale Frustration und Solidarität mit Minderheiten
«Eine Crux für eine schwarze Musikerin ist, dass die Leute einen immer in eine Ecke stecken und einem sagen, man soll Soul singen», sagte sie einst dem Time-Magazin. Soziale Frustration und Solidarität mit Minderheiten seien häufig Themen ihrer Lieder gewesen, schreibt die New York Times.
Etliche Zeitzeug*innen und Weggefährt*innen kommen in Antonino D'Ambrosios Dokumentarfilm zu Wort: Von Flacks erstem Ehemann, dem weissen Bassisten Steve Novosel, bis zur Frauenaktivistin Angela Davis oder der Künstlerin und John-Lennon-Witwe Yoko Ono. Schon bald nach ihrer Ausbildung etabliert sich Roberta Flack als Sängerin, tritt in Nachtclubs in Washington auf und spielt mit Bob Dylan (MANNSCHAFT berichtete über das neue Bio-Pic zu Dylan). In der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre avanciert sie zur wichtigen Pionierin, die schwarzen Frauen in der Musikindustrie eine Stimme gibt.
Bekanntes Fugees-Cover
Für «Killing Me Softly », eigentlich eine Coverversion eines Songs der Folksängerin Lori Lieberman, erhält Flack 1974 ihren zweiten von fünf Grammys. In den folgenden Jahren ist die Sängerin fast ständig auf Tour, wird zur omnipräsenten Figur in der US-Musikszene. Legendär ist ihre Zusammenarbeit mit dem früh verstorbenen Soulsänger Donny Hathaway, den sie seit Schulzeiten kennt. Das Duo landetet einige Hits, bis zum tragischen Suizid von Hathaway im Januar 1980.
Wie das Nachrichtenportal Pink News anmerkt, war Flacks über viele Jahre eine lautstarke LGBTIQ-Verbündete. Diese Verbundenheit zur Community habe schon vor ihrem Durchbruch zum Superstar begonnen, zu der Zeit, als sie noch in einem Restaurant mit Opernmusik im Stadtteil Georgetown von Washington auftrat, heisst es. In einem Interview aus dem Jahr 1979 sagte Flack, das Restaurant sei ein «Untergrund Treffpunkt» für viele schwule Männer gewesen. Dort zu arbeiten, habe ihr «eine ganz neue Welt eröffnet».
Sie widmete etliche ihrer Lieder explizit der Community, besonders den Song «Ballad of the Sad Young Men» von 1969. Sie sagte dazu, dieses Lied «was all gay», also «komplett schwul». Sie habe im Lied Anfangs von Soldaten gesungen, erzählte sie dem Guardian, aber später über schwule Männer: «Es bewegt mich jedes Mal sehr.»
Sie sang 1982 auch die Titelmelodie zum vergessenen LGBTIQ-Filmklassiker «Making Love», in dem es um zwei Männer namens Zack und Bart in Los Angeles geht. Gespielt werden sie von Michael Ontkean und Harry Hamlin. Zack verlässt für seine gleichgeschlechtliche Affäre seine Ehefrau Claire (gespielt von Kate Jackson), scheitert aber mit seinen Vorstellungen einer festen Beziehung am freigeistigen Bart.
Der Film kam unmittelbar vor Ausbruch der Aidskrise (MANNSCHAFT berichtete) heraus und zeigt eine Aufbruchstimmung in der US-Gesellschaft, die unmittelbar danach in sich zusammenbrach. Was den Film aus heutigere Sicht besonders sehenswert macht.
Coverversionen von Hits der Beatles bis Leonard Cohen gehörten ebenfalls zu Flacks Repertoire. Im Jahr 1996 coverte die Hip-Hop-Gruppe Fugees «Killing Me Softly» und machte Flacks grössten Erfolg auch bei jüngeren Generationen bekannt.
Von Michael Donhauser und Benjamin Siebert, dpa
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