«Keine Homophobie» ist schützenswerter Wert in Ungarn
Viktor Orban setzt sich in einem unkritischen Interview ins rechte Licht
Zur Eindämmung der irregulären Migration schlägt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban vor, dass Flüchtlinge ausserhalb des EU-Gebiets auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten sollen.
«Leider sind wir Europäer nicht in der Lage, das zu regeln», sagte der konservative Politiker in einem Interview von Bild, Welt und Politico. Grund seien unterschiedliche politische Vorstellungen: So stehe Deutschland der Migration positiv gegenüber, während Ungarn das für zu riskant halte.
Sein Land unterscheide klar zwischen Gastarbeitern und Migranten, Deutschland mache das nicht, sagte Orban. Ungarn wolle keine «Gemeinschaften haben, die unsere wichtigsten europäischen Werte nicht respektieren». Dazu gehörten die Gleichberechtigung, keine Homophobie und kein Antisemitismus.
Wörtlich sagt er: «Wir Ungarn sind der Meinung, dass es einige Werte gibt, die in Ungarn geschützt werden müssen – man kann sie als europäische Werte bezeichnen – wie zum Beispiel die Gleichbehandlung von Frauen, keine Homophobie, kein Antisemitismus.» Um danach auf Migrationsgruppen zu schimpfen.
Die Homophobie im eigenen Land, betrieben von seiner Regierung, wird von den Interviewer*innen nicht angesprochen. Kritische Nachfrage: Fehlanzeige. Dabei ist ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn im Gang, weil das Land per Gesetz Informationen über LGBTIQ verbietet (MANNSCHAFT berichtete).
Den von den EU-Innenministern Anfang Juni ausgehandelten Asyl-Kompromiss lehnte Orban erneut ab. Wenn die EU sage, dass sie Migranten künftig in der EU verteilen werde, sei das eine Botschaft an die Schleuser, dass sie ihr Geschäft weiterbetreiben könnten. Der Ministerpräsident bekräftigte, dass sein Land sich an der Verteilung von Flüchtlingen in der EU nicht beteiligen und auch keine Ausgleichszahlungen leisten werde. Schon jetzt gebe sein Land mehr als zwei Milliarden Euro aus, um den Schengen-Raum vor illegalen Einwanderern zu schützen – dafür habe das Land «keinen einzigen Cent aus Brüssel» bekommen.
Vorgesehen sind in dem EU-Asylkompromiss zahlreiche Verschärfungen, um irreguläre Migration zu begrenzen – insbesondere aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Asylanträge von Migrant*innen, die aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent stammen, sollen bereits an den EU-Aussengrenzen innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden. In dieser Zeit will man die Schutzsuchenden verpflichten, in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Wer keine Chance auf Asyl hat, soll umgehend zurückgeschickt werden. Denkbar ist, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt.
Katastrophen wie der Untergang eines Schiffes mit Hunderten Flüchtlingen vor Griechenland können laut Orban nur verhindert werden, indem man allen Flüchtlingen klarmache: «Ihr könnt das Gebiet der Europäischen Union nicht betreten können, ohne dass über euren Antrag entschieden wurde.»
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