Kein Diskriminierungsschutz für trans und inter Menschen
Mit 107 zu 77 Stimmen folgt der Nationalrat dem Entscheid des Ständerats
Die sexuelle Orientierung soll in der Schweiz vor Hassrede und Diskriminierung geschützt werden, nicht aber die Geschlechtsidentität. Der Nationalrat folgte in der heutigen Differenzbereinigung dem Entscheid des Ständerats von letzter Woche.
Die Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Bisexuellen soll zukünftig strafrechtlich verfolgt werden können – nicht aber von trans und intersexuellen Menschen. In der Session vom 3. Dezember folgte der Nationalrat dem Entscheid des Ständerats mit 107 zu 77 Stimmen bei 6 Enthaltungen.
Im September hatte sich der Nationalrat noch für den Schutz der Geschlechtsidentität ausgesprochen. Ständerat und Bundesrat sahen es jedoch anders: Der Begriff sei zu «schwammig», zu «vielfältig». In ihrem Votum vor der Abstimmung bekräftigte Justizministerin Simonetta Sommaruga die Empfehlung des Bundesrats. «Der Bundesrat ist der Meinung, es gebe Auslegungsprobleme mit dem Begriff Geschlechtsidentität», sagte sie. Es sei eine Definition, der im Schweizer Recht bisher unbekannt gewesen sei. «Der Umfang des Begriffs lässt sich nicht klar definieren.»
SP-Nationalrat Martin Naef versuchte, seine Kolleg*innen vor der Abstimmung zu überzeugen: «Der Schutz muss auch auf trans und intersexuelle Menschen ausgeweitet werden. Ihn auszuschliessen, wo er dringend benötigt wird, setzt ein falsches Zeichen», sagte er.
Unterstützung erhielt er von seiner Kollegin Sibel Arslan. Rund 40’000 trans und inter Menschen gebe es in der Schweiz. «Das ist das Doppelte der Bevölkerung des Kantons Appenzell Innerrhoden», sagte sie. «Es käme uns nicht in den Sinn, nur Menschen von Appenzell Innerrhoden zu diskriminieren.»
Gespalten zeigte sich die BDP. Nationalrat Bernhard Guhl empfahl eine Annahme der parlamentarischen Initiative ohne den Zusatz der Geschlechtsidentität. Zu gross sei das Risiko, einen Totalabsturz der gesamten Vorlage zu riskieren. «Die Zeit für die Festschreibung der Geschlechtsidentität ist noch nicht reif. Sie ist aber reif für die sexuelle Orientierung», sagte er. «Behalten wir den Spatz in der Hand, damit wir nicht vor einem Scherbenhaufen stehen.»
In einer gemeinsamen Medienmitteilung zeigen sich LGBTIQ-Dachverbände enttäuscht. «Es reicht nicht, lediglich Lesben, Bisexuelle und Schwule zu schütze», sagt Alecs Recher, Leiter der Rechtsberatung von TGNS. «Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität ist eine alltägliche Realität – auch hier und heute. Von Portugal über Frankreich bis Schottland und Bosnien nehmen deshalb immer mehr Staaten den Begriff der Geschlechtsidentität in ihr Strafrecht auf.» Der Entscheid von Stände- und Nationalrat sei ein «Armutszeugnis» für die Schweiz.
Bis zur letzten Minute hatten LGBTIQ-Organisationen für einen Einbezug der Geschlechtsidentität mobilisiert. Vor dem Bundeshaus hatte sich Alicia Parel, die ehemalige Co-Präsidentin von TGNS, den eintreffenden Parlamentarier*innen für Fragen zur Verfügung gestellt.
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