«Im Fernsehen einen schwulen Jugendlichen zu sehen, war eine Revolution.»
Charlie, was hat dich daran gereizt, die Hauptrolle in «King Arthur» zu übernehmen? Einerseits fand ich es spannend, diesen legendären König Arthur zu spielen. Andererseits war ich begeistert von der Möglichkeit, endlich einmal mit Guy Ritchie arbeiten zu können. Er war für mich der Hauptgrund, das Angebot anzunehmen. Abgesehen davon war ich ohnehin auf der Suche nach dem nächsten Schritt in meiner Karriere, denn nach sieben Staffeln ging meine Serie «Sons of Anarchy» zu Ende. Dass der Film in England gedreht wurde, war ein zusätzlicher Anreiz.
Warum das? Ach, nach all diesen Jahren, die ich nicht zuletzt auch wegen der Serie in Kalifornien verbrachte, hatte ich einfach Heimweh. Ich hatte schon überlegt, mir eine kleine Auszeit von den USA zu nehmen und für ein halbes Jahr etwas in England zu mieten. Gerade London hat sich in den letzten Jahren wieder zu einer unglaublich aufregenden Stadt entwickelt, einer echten Metropole. Dass ich meine Pläne in der Heimat direkt mit einem neuen Job verbinden konnte, war für mich ein wunderbarer Wink des Schicksals. Und ich musste mir nicht einmal selbst eine Wohnung suchen, denn das übernahmen die «King Arthur»-Leute für mich.
Wenn man sich nun deine Muskelberge auf der Leinwand ansieht, musstest du für diesen Film vermutlich ziemlich viel Zeit im Fitnessstudio verbringen. Ich war auch schon vorher ziemlich fit. Regelmässige Besuche im Gym gehören schon lange zu meinem Alltag. Das Problem war nur, dass meine Figur in der letzten Staffel von «Sons of Anarchy» ziemlich traumatische Erfahrungen durchlebte, wofür ich einige Kilos an Gewicht verlieren musste. Deswegen war ich ausgerechnet kurz vor «King Arthur» so wenig muskulös wie schon ewig nicht mehr. Aber wie gesagt: Ich kenne mich mit Hanteln und Co. gut aus, also trainierte ich so intensiv wie nie zuvor in meinem Leben. Selbst am Set machte ich mit Guy Ritchie noch Liegestützen. Am Ende brachte ich mehr Muskelmasse auf die Waage als je zuvor in meinem Leben.
Verschreibst du dich deinen Rollen immer mit Haut und Haar? Es macht mich immer nervös, wenn ich mit Begriffen wie «Method Acting» konfrontiert werde. Denn ich habe ja nie Schauspielerei studiert und kann deswegen wirklich nicht behaupten, dass ich einer speziellen Methode folgen würde. Ich gehe einfach intuitiv vor, wenn ich mir eine Rolle erarbeite. Aber es stimmt schon, dass es mich reizt, an meine Grenzen und aufs Ganze zu gehen. Für «The Lost City of Z» zum Beispiel bin ich mit dem Filmteam monatelang im südamerikanischen Dschungel abgetaucht und habe mich komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Nicht einmal mein Manager oder meine Freundin konnten mich erreichen. Und für meinen kommenden Film «Papillon» musste ich wieder richtig viel Gewicht verlieren.
Es macht mich nervös, wenn ich mit Begriffen wie ‹Method Acting› konfrontiert werde.
«Papillon»ist ein Remake des legendären Steve-McQueen-Films, nicht wahr? Stimmt, das sind ziemlich krasse Fussstapfen, in die ich da getreten bin. Aber ich sage ja: Ich suche immer die Herausforderung. Nur ein bisschen doof, dass ich für die Rolle wieder mit dem Rauchen angefangen habe.
Echt jetzt? Ja, leider. Ich war ewig Gelegenheitsraucher. Aber weil ich so viel Gewicht verlieren musste, habe ich mir eine E-Zigarette zugelegt und richtig viel geraucht, was mir beim Abnehmen helfen sollte. Allerdings habe ich jetzt zum ersten Mal im Leben wirklich das Gefühl, süchtig zu sein.
Hat es denn für die Rolle wenigstens geholfen? Das hat es, immerhin. Beim Abnehmen, und auch allgemein, um sonst in die Rolle zu kommen. Das Zweite, was geholfen hat, war Taylor Swift. Ich suchte Musik, die ich noch nie gehört hatte und die mich in die richtige Stimmung bringt. Bei Taylor wurde ich fündig. Ist mir fast ein bisschen peinlich. Mit dem Film hat das gar nichts zu tun, da sitze ich im frühen 20. Jahrhundert in einer Strafkolonie in Französisch-Guayana. Aber irgendwie hat Taylor dafür in mir die genau passenden Gefühle geweckt.
Deine Karriere hast du als Teenager mit einer Rolle begonnen, an die sich nicht jeder getraut hätte. 1999 hast du in der Serie «Queer as Folk» einen schwulen Jugendlichen gespielt. Bringt dich heute noch jemand mit dieser Serie in Verbindung? In England war die Serie damals eine grosse Sache, aber in Amerika wurde sie nur sehr begrenzt wahrgenommen. Zumal es dann ja auch eine eigene US-Version gab, die sehr viel länger lief als unsere paar Folgen damals. Aber natürlich kommt es hin und wieder noch vor, dass mich jemand drauf anspricht und erzählt, wie gut ihm die Serie damals gefallen hat. Und ich muss sagen, dass ich nie intimere und berührendere Begegnungen hatte als mit «Queer as Folk»-Fans.
Zum Beispiel? Es gab damals Kids, die mir schrieben, dass die Serie ihr Leben gerettet habe, weil sie mit meiner Figur zum ersten Mal in ihrem Leben ein positives Vorbild vor Augen hatten, das ihnen Orientierung gab. Man darf nicht vergessen, dass das bald zwanzig Jahre her ist und die Zeiten damals wirklich andere waren. Im Fernsehen einen schwulen Jugendlichen zu sehen, der das gleiche durchmacht wie man selbst, das war damals eine Revolution. Erst neulich wieder liess mir eine Freundin von ihrem Friseur ausrichten, dass «Queer as Folk» ihm damals den Mut gab, die Enge der Provinz zu verlassen und endlich sein eigenes Leben zu leben.
Dir war damals also durchaus schon bewusst, dass die Serie etwas Besonderes ist? Das konnte man in England nicht mitkriegen. Damals durfte man in England unter achtzehn Jahren noch keinen schwulen Sex haben, während für Heteros die Grenze bei sechzehn lag. Und dann spielte ich diesen Fünfzehnjährigen, im Bett mit einem älteren Typen. Wir haben die ohnehin schon laufenden Diskussionen ordentlich befeuert. Meine Vorreiterrolle in der Serie nahm bisweilen bizarre Ausmasse an. Einmal wurde ich sogar ins House of Parliament eingeladen, um über das Mindestalter für schwulen Sex zu sprechen. Ich, als achtzehn Jahre alt gewordener Hetero. Das war mir dann doch ein bisschen zu viel. Also habe ich abgesagt und mich lieber draussen vor der Tür den Demonstranten angeschlossen.
Es gab Kids, die mir schrieben, dass ‹Queer as Folk› ihr Leben gerettet habe.
War es etwas Besonderes für dich, dass du nun bei «King Arthur» wieder mit deinem «Queer as Folk»-Kollegen Aidan Gillen vor der Kamera gestanden bist? Auf jeden Fall. Aidan war der erste professionelle Schauspieler, mit dem ich in meinem Leben zusammengearbeitet hatte. Von niemandem habe ich mehr über diesen Job gelernt – und darüber, wie man sich in dieser Branche bewegt. Von der Aufrichtigkeit und Leidenschaft, aber auch der Professionalität, mit der er diesem Beruf nachgeht, habe ich mir so manche Scheibe abgeschnitten. Ich bin sehr dankbar, dass ich ihn damals am Anfang meines Weges an meiner Seite hatte. Deswegen habe ich mich riesig gefreut, als Guy mir erzählte, dass er Aidan eine Rolle in «King Arthur» gegeben hat.
Seid ihr über all die Jahre in Kontakt geblieben? Ehrlich gesagt nicht. Vor zehn Jahren sind wir uns mal bei einem Festival in Edinburgh über den Weg gelaufen und haben uns so darüber gefreut, dass wir zusammen ein Bier trinken gingen. Aber tatsächlich war das in all den Jahren seit «Queer as Folk» das einzige Mal, dass wir uns gesehen haben.
Was würdest du denn im Rückblick sagen, welche deiner bisherigen Rollen deine wichtigste war? Das lässt sich so nicht beantworten. Natürlich war die in «Queer as Folk» ganz entscheidend, schon weil es die erste war. Aber unter kreativen Gesichtspunkten war bislang «Sons of Anarchy» sicher das Grösste, was mir passiert ist. Und «The Lost City of Z». Aber auch meine Filme mit Guillermo Del Toro waren unvergessliche Erfahrungen, «Pacific Rim», weil ich als alter «Star Wars»-Fan immer schon auf Sci-Fi stand, und «Crimson Peak», weil es für mich mal etwas ganz anderes, nicht so körperliches war. Und natürlich will ich auch Guy Ritchie und «King Arthur» in dieser Aufzählung nicht aussen vor lassen.
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