Homophobie in Österreich: «Viele Worte, wenig Taten»

SPÖ-Mann Lindner beklagt einen deutlichen Zuwachs an Drohungen und Angriffen gegen LGBTIQ

Symbolfoto: Trey Musk / Unsplash
Symbolfoto: Trey Musk / Unsplash

Die Menschenrechte von LGBTIQ waren am Donnerstag ein zentrales Thema im Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrats. Es ging u.a. um diskriminierungsfreie Blutspende und das Verbot von «Konversionstherapien».

SPÖ und NEOS warfen in ihren jeweiligen Anträgen das Schlaglicht auf die aus ihrer Sicht dringlichsten Massnahmen zum Diskriminierungsschutz der LGBTIQ-Community in Österreich. Von ÖVP und Grünen wurden die meisten dieser Forderungen mit dem Hinweis auf laufende Arbeiten daran vertagt. Angesichts der im Herbst 2022 kommenden Verordnung des Gesundheitsministers Johannes Rauch zur Aufhebung des Blutspendeverbots für Schwule wurde der entsprechende SPÖ-Antrag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt und damit zur Debatte in der nächsten regulären Nationalratssitzung geschickt.

Bei einer Sondersitzung sollte für die Zuweisung an den Innenausschuss laut Nico Marchetti ein Entschliessungsantrag eingebracht werden, der die Einsetzung eines Runden Tisches von Innen- und Justizministerium gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vorsieht. Das Gremium solle konkrete Massnahmen gegen Hass- und Gewaltverbrechen ausarbeiten, denen LGBTIQ-Personen ausgesetzt sind. Wie Mario Lindner (SPÖ) beschrieb, habe es besonders im laufenden Pride-Monat einen deutlichen Zuwachs an Drohungen und Angriffen gegen die Community und ihre Veranstaltungen gegeben (MANNSCHAFT berichtete). Die übrigen Fraktionen teilten mit ihm die Ansicht, hier bestehe Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers. Gleichzeitig lobte Lindner den Beschluss in der jüngsten Präsidialkonferenz des Nationalrats, eine LGBTIQ-Gruppe im Parlament einzurichten. Die FPÖ dagegen beklagte eine überschiessende Aufmerksamkeit auf die Anliegen von Queers.

Der Staat müsse – etwa im Rahmen eines Nationalen Aktionsplans Menschenrechte – alles dafür tun, die sich häufenden Angriffe und Hassverbrechen auf Schwule, Lesben, Bisexuelle, trans, inter und queere Menschen zu unterbinden, betonte Faika El-Nagashi (Grüne). Eine umfassende Novelle des Diskriminierungsschutzes im Gleichbehandlungsgesetz sei ebenso überfällig wie ein konkreter Plan zum Gewaltschutz der Betroffenen, heisst es seitens der SPÖ. Neben strafrechtlichen Massnahmen gegen Hassverbrechen und Sensibilisierungsinitiativen gegen Homophobie umfassen die von SPÖ und NEOS in ihre jeweiligen Anträge gegossenen Forderungen u.a. auch Anlaufstellen für LGBTIQ-Jugendliche gerade an Schulen, qualitätsvolle sexuelle Schulbildung sowie das Verbot von «Konversionstherapien».

Um das Thema Sexualität bzw. verschiedene sexuelle Neigungen in der Gesellschaft zu enttabuisieren, sei im Bildungsbereich anzusetzen, findet Sibylle Hamann (Grüne), deswegen implementiere man Sexualbildung als übergreifendes Thema in den Lehrplänen. Eine Gutachter:innenkommission werde ausserdem bei der Approbation von Schulbüchern und Lehrmaterialen «genderreflexive Pädagogik» als Massgabe haben..

Im Sinne der bestmöglichen Beratung und Unterstützung von LGBTIQ-Jugendlichen erwarten die NEOS zudem flächendeckende Hotlines und niederschwellige Beratungsstellen für diese Jugendlichen. Gleichermassen brauche Österreich mehr Jugendzentren für queere bzw. LGBTIQ-Personen. Den NEOS zufolge gibt es derzeit nur in Wien ein Zentrum als Anlaufstelle speziell für queere Jugendliche. Grebien (Grüne) bestätigte den Bedarf, will aber vor allem die Regionen in die Ausweitung der Angebote einbinden.

«Österreich hat das Problem der Homophobie», sagte Meri Disoski (Grüne) im Ausschuss. Bereits zwei Jahrzehnte lang sei von der Politik diskutiert worden, ob der Ausschluss von homosexuellen Männern vom Blutspenden aufgehoben wird. Die kommende Verordnung, durch die schwule und bisexuelle Männer sowie trans Personen künftig Blut spenden dürfen, nannte sie «einen grossen Schritt».

SPÖ-Mann Lindner begrüsste das Ende des Blutspendeverbots (MANNSCHAFT berichtete), regte aber noch Nachschärfungen im Verordnungstext an, um tatsächlich eine diskriminierungsfreie Anwendung sicherzustellen. In Bezug auf die Anträge von SPÖ und NEOS zum Verbot sogenannter «Konversionstherapien» bei Minderjährigen, die den Abbau homosexueller Neigungen zum Ziel haben, erinnerte Lindner, diese 2019 erfolgte Aufforderung des Nationalrats an die Regierung sei vom Gesundheitsministerium bereits am Verordnungsweg realisiert worden. Der Ball liege daher nun beim Justizministerium.

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