EU-Parlament: Viktor Orbán macht Stimmung gegen Ehe für alle
Der ungarische Ministerpräsident fordert zudem einen Rechtsruck der EVP
Viktor Orbán ruft die Europäische Volkspartei (EVP) dazu auf, gegen die Ehe für alle zu kämpfen. Ein Politikwissenschaftler warnt vor den Folgen.
Am Mittwoch veröffentlichte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ein Memorandum, in der er die Europäische Volkspartei unter anderem dazu auffordert, gegen die Öffnung der Ehe in Europa zu kämpfen. Der Politikwissenschaftler Rémy Bonny warnt vor den Folgen dieses Aufrufs.
«Wir haben unser Familienmodell, das auf dem Ehebündnis zwischen einem Mann und einer Frau basiert, aufgegeben und sind in die Arme der Geschlechterideologie gefallen», schreibt Viktor Orbán in seinem Memorandum. Ebenfalls fordert Orbán eine stärkere Rechtsorientierung der EVP. Er empfiehlt zudem, Koalitionen mit rechten Parteien zu schliessen und auch national orientierte Parteien einzuschliessen.
Die EVP ist die grösste Fraktion im europäischen Parlament und setzt sich aus verschiedenen christlich-demokratischen, bürgerlich-konservativen und auch nationalkonservativ-rechtspopulistischen Mitgliedsparteien aus der EU zusammen, unter anderem die CDU und CSU aus Deutschland sowie die ÖVP aus Österreich. Die Schweizer CVP ist assoziiertes Mitglied.
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Orbáns Memorandum ist ein weiteres Kapitel rund um die Mitgliedschaft der ungarischen Regierungspartei Fidesz in der EVP. Wegen mehrmaligen Verstössen gegen EU-Grundwerte hatte die EVP vor der Europawahl die Fidesz auf unbestimmte Zeit suspendiert. Nun finden Verhandlungen statt, um die Suspendierung aufzuheben.
«Vor allem die Deutschen scheinen Fidesz zurück an Bord haben zu wollen. Sie haben Angst, politische Macht im Europaparlament zu verlieren, wenn Fidesz aus der Fraktion austritt», sagt Rémy Bonny. Die EVP habe im Zuge der letzten Europawahl viele Sitze verloren, sei jedoch immer noch die grösste Fraktion. «Wenn Fidesz austritt, hat die EVP noch weniger politische Macht. Das beschert der Fidesz einen ausserordentlichen Vorteil und die Möglichkeit, die Richtung der EVP zu ändern, auch in Hinblick auf LGBTIQ-Rechte.»
Um den Einfluss der Exekutive auf die Justiz und Medien auszuweiten, habe die Administration von Viktor Orbán in Ungarn ein illiberal-konservatives Staatsmodell eingeführt, das auf christlichen Werten basiere. «Christlich-demokratische Staaten wie Belgien, Deutschland und Polen haben sich in den letzten Jahren oft für LGBTIQ-Rechte stark gemacht. Es hängt von ihnen ab, einen Schlussstrich zu ziehen und entscheidend gegen Viktor Orbán vorzugehen. Sie sollten ihm nicht so viel Macht über die Leben der LGBTIQ-Personen in ganz Europa geben.»
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Ungarns Kampf gegen die liberale Demokratie
Im Jahre 2011 änderte Orbán die Verfassung, so dass nur heterosexuelle Paare heiraten dürfen. Seitdem hat seine Regierung in Europa eine Führungsrolle im Kampf gegen LGBTIQ-Rechte eingenommen.
Die Staatsministerin für Familie, Katalin Novak, war Gastgeberin des ultra-konservativen Weltkongress für Familien in Budapest 2017 und hat mit dem Russischen Institut für Strategische Studien der Familienpolitik kooperiert. Dasselbe Institut steckt hinter der Einmischung Russlands in die Wahlen der USA.
«Für die Ungar*innen ist der Kampf gegen LGBTIQ-Rechte eine Methode, gegen die europäische liberale Demokratie zu kämpfen», sagt Bonny. «Die LGBTIQ-Rechte sind die erfolgreichste Errungenschaft der liberalen Demokratie in den letzten 20 Jahren. Darum ist es ihnen so wichtig, die LGBTIQ-Community zu bekämpfen.»
Es sei auch in Russlands Interesse, die liberale Demokratie der Europäischen Union zu untergraben, schrieb Bonny im Oktober 2019 (MANNSCHAFT berichtete). Über internationale homophobe Netzwerke knüpfte der russische Geheimdienst Kontakte zu Vertreter*innen der Regierung Ungarns
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