«Deux» – Lesbische Liebe im Alter
Das Debüt des Italieners Filippo Meneghetti
Das Erstlingswerk von Filippo Meneghetti zeigt Barbara Sukowa und Martine Chevallier in der Rolle eines Liebespaares, das seine Beziehung geheim halten muss. «Deux» läuft ab 19. August in der Deutschschweiz.
Zwei Jahre ist es bereits her, dass «Deux» seine Weltpremiere beim Filmfestival in Toronto feierte, nun erreicht der Film endlich auch die Deutschschweizer Kinos (in Österreich und Deutschland ist er auf DVD erhältlich und bei Prime Video zu sehen). Zum Glück, denn das Debüt des Italieners Filippo Meneghetti ist ein cineastisches Kleinod, das sich niemand entgehen lassen sollte.
Im Zentrum der Geschichte stehen Protagonistinnen, wie man sie im Kino viel zu selten sieht: zwei lesbische Frauen im Rentenalter, die eine glückliche Beziehung miteinander führen. Die Französin Mado (Martine Chevalier) und die Deutsche Nina (Barbara Sukowa) sind schon seit Jahren ein Paar – und obendrein auch Nachbarinnen, die in gegenüberliegenden Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus irgendwo im Süden Frankreichs leben. In der Praxis allerdings teilen sich die beiden Mados Apartment, ausserdem träumen sie davon, beide zu verkaufen und zusammen nach Rom zu ziehen. Doch dafür müsste die verwitwete Mado ihren erwachsenen Kindern Anne (Léa Drucker) und Frédéric (Jérôme Varanfrain) endlich einmal davon erzählen, dass und mit wem sie ihr neues Glück gefunden hat.
Dazu allerdings kommt es dann nicht mehr, als Mado einen Schlaganfall erleidet und sich nicht mehr artikulieren kann. Plötzlich ist Nina ausgeschlossen, nicht nur aus ihrem Zuhause, sondern auch aus dem Leben ihrer Partnerin, deren ahnungslose Kinder genau wie die misstrauische Pflegerin in ihr bloss die sonderbare Frau von gegenüber sehen. In der eigenen, nie genutzten Wohnung ist nicht einmal der Kühlschrank angeschlossen. Vor allem aber steht Nina mit einem Mal vor der kniffeligen Herausforderung, so oft wie möglich den Zugang und die Nähe zur Freundin herstellen zu müssen, die ihr andere zusehends mehr verwehren.
In seinem Kern ist der vielfach ausgezeichnete «Deux» (unter anderem mit dem César für den Besten Erstlingsfilm, einem Preis beim Frameline San Francisco International LGBTQ Film Festival sowie einer Golden Globe-Nominierung) ein bisweilen herzzerreissendes Drama über eine grosse Liebe an einem tragischen Wendepunkt. Doch der besondere Reiz dieses Films liegt darin, dass Meneghetti sich damit nicht begnügt.
Immer wieder verschwimmen in Tonfall und Erzählform die Grenzen der Geschichte zu anderen Genres und wird «Deux» momentweise zur (teilweise recht schwarzhumorigen) Komödie oder – wenn Nina nachts über den Hausflur schleicht und in Mados Wohnung unbemerkt einzubrechen versucht – gar zum Thriller. Das raubt dem Film nichts von seiner Emotionalität, sondern unterstreicht sie im Gegenteil auf vielschichtig-überraschende Weise.
Letztlich verdankt «Deux» seine Wirkung und Energie aber vor allem den beiden Hauptdarstellerinnen, die ihre Figuren mit viel Zärtlichkeit zum Leben erwecken. Nicht zuletzt Fassbinder-Ikone Barbara Sukowa, die in jüngster Zeit eher in deutschen Familienkomödien wie «Enkel für Anfänger» oder englischsprachigen Nebenrollen in «Atomic Blonde» oder «Gloria Bell» zu sehen war, geht sichtlich auf in ihrer Rolle, die so viel vielschichtiger, gefühlvoller und leidenschaftlicher ist, als es Schauspielerinnen jenseits der 70 sonst im Kino meistens zugestanden wird. Auch dank ihr ist dieser kleine Film eine dringende Empfehlung wert.
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