Bulgarien gegen LGBTIQ: «Wir werden nicht schweigen!»
«Kindern und Jugendlichen den altersgerechten Zugang zu Aufklärung über LGBTIQ zu verwehren, führt nachweislich bei jungen Queers zu psychischem Druck»
In Bulgarien werden nur wenige Gesetze per Schnellverfahren verabschiedet. Das Verbot von nicht-heterosexuellen Ideen in Schulen gehört dazu. Jetzt beziehen LGBTIQ-Verbände Stellung.
Nach Ungarn, Polen und der Slowakei hat auch Bulgarien nicht-heterosexuelle Botschaften an Jugendliche verboten. Das Parlament in Sofia verabschiedete am Mittwoch im Schnellverfahren eine entsprechende Novelle des Schulgesetzes. Damit wird Propaganda oder Anstiftung zur «nicht-traditionellen sexuellen Orientierung» oder geschlechtlicher Selbstbestimmung, die vom Geburtsgeschlecht abweicht, in Vorschulen und Schulen untersagt.
Dazu erklärt Mikhail Tumasov aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands: «Wir solidarisieren uns mit der LGBTIQ-Gemeinschaft vor Ort und den Protesten. Kindern und Jugendlichen den altersgerechten Zugang zu Aufklärung über LGBTIQ zu verwehren, führt nachweislich bei LGBTIQ Kindern und Jugendlichen zu psychischem Druck.»
Die führende LGBTIQ-Organisation Europas, ILGA-Europe, sieht das ebenso. Sie warnte, dass dies ein Angriff auf die Rechte von Kindern und ein Ablenkungsmanöver sei, um bei den kommenden Wahlen Stimmen für rechtsextreme und Russland nahestehende Parteien zu gewinnen. «Die Befürworter*innen des Gesetzes, behaupten, dass es dem Schutz junger Menschen diene. In Wahrheit jedoch handelt es sich um einen Angriff auf die Rechte von Kindern, insbesondere von LGBTIQ-Kindern», so ILGA-Europe.
In der EU gibt es ähnliche Einschränkungen noch in den Mitgliedsstaaten Ungarn, Polen und Slowakei. Ausserhalb der EU sind etwa in Russland die Rechte queerer Menschen massiv eingeschränkt. Bulgarien ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union.
Der LSVD fordert : «Gegen Mitgliedsstaaten, die die Menschenrechte von LGBTIQ immer weiter aushöhlen und eine Polarisierung vorantreiben, sollten jegliche verfügbaren Instrumente, wie die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens, eingesetzt werden.»
Im bulgarischen Parlament wurde die Gesetzesnovelle zum Verbot nicht-heterosexueller Themen in Schulen von der prorussischen und nationalistischen Partei Wasraschdane (deutsch: Wiedergeburt) eingebracht. Damit wird auch definiert, was eine «nicht-traditionelle sexuelle Orientierung» ist. Unterstützt wurde die Gesetzesnovelle auch von Parlamentarier*innen des Mitte-Rechts-Bündnisses Gerb-SDS, der populistischen Partei ITN, der Sozialisten und teils der Türkenpartei DPS. Gegen die Novelle stimmte vor allem das liberal-konservative Bündnis PP-DB.
«Wir können nur unterstreichen, dass Bulgarien nicht mit diesem Weg fortfahren darf. Das in Bulgarien verabschiedete sogenannte Anti-Propaganda-Gesetz folgt ganz klar dem russischen Vorbild, wo ein ähnliches Gesetz bereits 2013 eingeführt wurde. Seitdem wurde die LGBTIQ-Community dort Schritt für Schritt immer weiter entrechtet», warnt Bundesvorstand des LSVD Mikhail Tumasov.
Anhänger*innen der LGBTIQ-Gemeinschaft protestierten vor dem Parlamentsgebäude in Sofia gegen die Gesetzesnovelle. «Wir werden nicht schweigen», riefen sie. «Wiederholt nicht den Weg Russlands» stand auf Plakaten.
Der LSVD solidarisiert sich mit ihnen: «Jetzt müssen die deutsche Bundesregierung und Europäische Union klar dazu Stellung beziehen und deutlich machen: Ein Anti-Propaganda-Gesetz steht im eindeutigen Widerspruch zu den im Grundgesetz und der EU-Grundrechtecharta verbrieften Menschenrechten.»
Der Geschäftsführer von ILGA-Europe, Chaber, bekräftigt: «ILGA-Europe fordert die Europäische Kommission auf, die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem EU-Recht zu prüfen und eine energische Reaktion aller EU-Mitgliedstaaten zu fordern.»
Mehr lesen > Lewis Hamilton nach Ralf Schumachers Coming-out: Wir können mehr machen! (MANNSCHAFT berichtete)
Das könnte dich auch interessieren
USA
World Pride startet mit schlechten Aussichten
Der Höhepunkt der World Pride ist der grosse Umzug am 7. Juni in Washington, D.C. Besucherzahlen und Hotelbuchungen liegen noch unter den Erwartungen.
Von Newsdesk Staff
Pride
Queerfeindlichkeit
Reisen
Kultur
Bushido hat schwule Freunde, kann also nicht homophob sein
Der Rapper geht auf Tour und spricht noch einmal über alte Texte
Von Newsdesk Staff, Newsdesk/©DPA
Queerfeindlichkeit
Musik
Berlin
Nach Mobbing gegen schwulen Lehrer: Schule offen für queere Projekte
Seit einer Woche ist eine Schule in den Negativschlagzeilen, weil dort ein Lehrer monatelang wegen seiner Homosexualität gemobbt worden sein soll. Nun kommt etwas Bewegung in den Fall.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Religion
Schwul
Deutschland
SPD-Frau aus Sachsen: Sophie Koch ist die neue Queerbeauftragte
Ihr Vorgänger hat sich für seine Initiativen Respekt erworben. Nun will sich eine Frau aus Sachsen um die Rechte und das Ansehen queerer Menschen kümmern.
Von Newsdesk/©DPA
News
Politik