Nach Lehrerbrief zu homophobem Mobbing: Günther‑Wünsch entschuldigt sich
Die CDU-Politikerin hatte zuvor Erinnerungsprobleme angegeben
Die Grünen machen der Bildungssenatorin Vorwürfe und stellen einen Missbilligungsantrag. Doch im Landesparlament dringen sie damit nicht durch.
Ein Missbilligungsantrag gegen Bildungssenatorin Katharina Günther‑Wünsch (CDU) hat im Berliner Abgeordnetenhaus keine Mehrheit bekommen. Grüne und Linke stimmten dafür, die Regierungsparteien CDU und SPD dagegen, die AfD enthielt sich.
Den Antrag eingebracht hatte die Grüne-Fraktion und der Senatorin vorgeworfen, falsche Angaben dazu gemacht zu haben, wann sie einen an sie gerichteten Anwaltsbrief im Auftrag des Berliner Pädagogen Oziel Inácio-Stech bekommen hat, der an seiner Schule nach eigenen Angaben wegen seiner Homosexualität gemobbt wurde.
Günther-Wünsch hatte im Abgeordnetenhaus zunächst gesagt, den Brief erst in diesem Mai gelesen zu haben. Am vergangenen Freitag räumte sie ein, dass ihr das Schreiben vom 4. Dezember 2024 persönlich vorgelegen habe. Das habe eine Prüfung der Akten ergeben.
Günther-Wünsch entschuldigt sich im Parlament Die Grünen hatten ihren Antrag damit begründet, das Abgeordnetenhaus übe die parlamentarische Kontrolle über den Senat aus. Seine Mitglieder seien verpflichtet, dem Parlament gegenüber umfassend und wahrheitsgemäss Rede und Antwort zu stehen. Das Abgeben falscher oder irreführender Auskünfte verletze diese Pflicht.
Günther‑Wünsch entschuldigte sich am Vormittag im Abgeordnetenhaus. «In meiner öffentlichen Erklärung am vergangenen Freitag habe ich öffentlich gemacht, dass ich am Bildungsausschuss am 5. Juni und im Plenum am 12. Juni eine nicht den Tatsachen entsprechende Aussage zum Zeitpunkt eines Schreibens gemacht habe, wann es mir vorgelegen hat», sagte sie.
«Ich möchte heute die Gelegenheit hier und jetzt nutzen und auch ergreifen, um mich sowohl bei der Öffentlichkeit als auch bei Ihnen, sehr geehrte Fraktionäre für diese falsche Erinnerung meinerseits zu entschuldigen.»
Die Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch und der bildungspolitische Sprecher Louis Krüger hatten zuvor erklärt: «Die Falschaussage der Senatorin ist im Kontext der parlamentarischen Bewertung der Diskriminierungs- und Mobbingvorfälle gegen die Lehrkraft Oziel Inácio‑Stech von erheblicher Bedeutung gewesen. Dies insbesondere, weil die Senatorin damit eine persönliche Verantwortung abstritt – wie jetzt klar ist: fälschlicherweise.»
Katharina Günther-Wünsch hatte zuletzt ihre früheren Aussagen zu einem ausführlichen Beschwerdeschreiben von Inácio-Stech korrigiert. «Im Zusammenhang mit dem Vorgang an der Carl-Bolle-Schule hat die von mir erbetene nochmalige Prüfung der Akten am 20. Juni 2025 ergeben, dass mir das Schreiben vom 4. Dezember 2024 persönlich vorlag», teilte sie in einer «persönlichen Erklärung» mit. Vor gut einer Woche hatte sie noch gesagt, sie habe es erst im Mai gelesen.
«Das Mindeste ist jetzt eine echte Entschuldigung von ihrer Seite an den Betroffenen und ein angemessener Umgang mit seiner Beschwerde», erklärt Jarasch, die Grünen-Fraktionsvorsitzende, zuvor. «Das offensichtliche Versagen der Bildungsverwaltung muss aber auch strukturelle Konsequenzen haben. Es braucht sofort eine unabhängige Beschwerdestelle.» Der Vorgang werfe Fragen zur Amtsführung von Günther-Wünsch auf.
Der Berliner Integrationsstaatssekretär Max Landero hatte der Einschätzung von Günther-Wünsch hinsichtlich möglicher Fehler beim Umgang mit einem homosexuellen Lehrer widersprochen. Dieser hätte Hilfe und Unterstützung gebraucht, sagte Landero (SPD) im Bildungsausschuss. «Wir sehen schon Ansätze, dass wir dort strukturelles Versagen haben.» Es gehe nun darum, gemeinschaftlich zu versuchen, es besser für die Zukunft zu machen (MANNSCHAFT berichtete).
Der Lehrer wurde nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt. U.a. wurde er eine «Schande für den Islam» genannt (MANNSCHAFT berichtete). Er beklagt ausserdem Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin. Sein Anwalt hatte im Dezember 2024 per Einschreiben mit Rückschein einen Brief an die CDU-Politikerin geschickt.
Keine Klassenfahrt – weil Dario schwul ist! Der Schüler aus NRW wurde gemobbt und wollte nicht auf ein Zimmer mit anderen Jungs (MANNSCHAFT berichtete)
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