Bergbahn verweigert Regenbogenfamilie das Familienticket
Vater Benjamin: Mir wurde noch nie so deutlich gesagt, dass meine Familie minderwertig ist
Vater Benjamin S. wollte mit seinem Ehemann und den beiden Kindern aufs Eggishorn fahren und wandern. Doch am Schalter der Aletsch Bahnen verweigerte man ihnen das Familienticket. Denn sie seien keine «Traditionsfamilie».
Es war am vergangenen Dienstag: Benjamin S. und seine Familie wollten wandern gehen. Beim Eggishorn handelt es sich um einen 2926 Meter hoher Gipfel im südöstlichen Teil der Berner Alpen im Wallis, seit 20 Jahren UNESCO-Weltnaturerbe. Auf myswitzerland.com heisst es: «Mit einer erfrischenden Brise würziger Alpenluft stimmt die familienfreundliche Aletsch Arena Ihren Urlaub ein.» Doch Familie ist hier nicht gleich Familie.
Das Familien-Tagesticket wurde den Ausflügler*innen am Schalter in Fiesch verweigert, weil sei keine «Traditionsfamilie» seien, so der Vater, der als Pilot bei der Lufthansa arbeitet, via Facebook. Eine Mitarbeiterin der Aletsch Bahnen AG gab den Männern klar zu verstehen, dass sie nur Familienpässe ausgibt an «Familien mit Mutter und Vater». Man hätte es «online versuchen» können, aber von ihr «gibt es für solche Familien keine Tickets». Dies seien alles wörtliche Zitate der Mitarbeiterin.
«Mir wurde noch nie so deutlich und klar direkt ins Gesicht gesagt, dass meine Familie minderwertig sei, nur weil wir zwei Männer sind. Unsere Töchter haben geweint. Ich war und bin wütend», so Benjamin S.
Andere Gäste hätten sich in die Sache eingemischt, und die Mitarbeiterin musste vier mal mit ihrem Vorgesetzten telefonieren, dann endlich gab es doch noch einen Familienpass für die Vier. Das Alles habe weit über eine halbe Stunde gedauert. In der Zeit habe sich eine Schlange bis nach draussen gebildet.
Die beiden Männer seien bereits seit 18 Jahren verheiratet und verbringen seit 20 Jahren jedes Jahr im Wallis die Ferien. «Wir besitzen seit über 12 Jahren ein Chalet in Fiesch. Heute fühlen wir uns zum ersten Mal in der Aletscharena nicht nur schwer beleidigt, zutiefst diskriminiert aber vor allem ausgeschlossen.»
Man hoffe auf Einsicht bei der Aletsch Bahnen AG und bei der Aletscharena. «Damit andere Familien, die nicht dem traditionellen Mann-Frau-Weltbild entsprechen, eine bessere Erfahrung haben werden und keine solche Diskriminierung und Beleidigung erleben werden müssen.»
Gegenüber dem Walliser Boten (bezahlpflichtiger Artikel) erklärt Alessandra Zenklusen, Co-Präsidentin des Vereins Queer Wallis: «Ich bin sprachlos und zutiefst traurig.» Das Verhalten der Angestellten sei schlicht inakzeptabel. «Es ist diskriminierend, dass eine Familie ausgestossen wird, nur weil sie nicht den eigenen Wertvorstellungen einer traditionellen Familie entspricht.»
Der Vorfall zeige, wie viel Aufklärungs- und Präventionsarbeit im Wallis noch vonnöten seien.
Inzwischen haben sich Aletsch Arena und Aletsch Bahnen bei der Familie entschuldigt. Man bedauere den Vorfall zutiefst, selbstverständlich seien auch Regenbogenfamilien willkommen. Der Vorfall soll nun aufgearbeitet werden, man denke über eine Wiedergutmachung nach.
Ende September hatte die Schweiz für die Eheöffnung gestimmt (MANNSCHAFT berichtete). Nun diskutierten die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn an einer Synode über den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren. Bereits 2019 hatten nämlich die Abgeordneten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes die Ehe für alle befürwortet (MANNSCHAFT berichtete).
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