Torfrau Ann-Katrin Berger: Im EM-Finale gegen die eigene Verlobte?
Die beiden Fussballerinnen haben bei dieser Europameisterschaft für mehrere Schlagzeilen gesorgt
Deutschland trifft im EM-Halbfinale der Frauen am Mittwoch auf Spanien. Mit dabei: Super-Torhüterin Ann-Katrin Berger, die mit Jessica Carter zusammen ist, der Nationalspielerin von England.
Die 34-jährige Berger musste sich für ihr riskantes Spiel als deutsche Stammkeeperin bei der EM schon mächtig Kritik anhören. Aber auch ihre Partnerin erlebte seit Start der EM viel Hass und Anfeindungen.
Wer in seinem Leben schon eine lange Fussballkarriere und zwei Krebserkrankungen hinter sich hat, lässt sich durch öffentliche Kritik nicht gleich verrückt machen. Nationaltorhüterin Ann-Katrin Berger lächelte bei der DFB-Pressekonferenz in Zürich jedenfalls gelassen in die vielen Kameras.
«Seit ich Deutschland verlassen habe, lese ich eigentlich gar keine Nachrichten mehr. Auf den sozialen Medien bin ich sowieso nicht so oft vertreten. Was auch immer geschrieben wird, das müssen Sie mir sagen», sagte Berger vom US-Club Gotham FC zu Medienvertreter*innen.
«Mein Opa – er ist vor paar Tagen 92 geworden - hat sich wirklich noch ein Trikot angezogen. Meine Motivation ist, dass er zum Finale kommt. Er hat gesagt, Viertelfinale, Halbfinale lohnt sich nicht», sagte die Schwäbin. «Von daher habe ich meine ganz eigene Motivation, ihn stolz zu machen.»
Der «sehr, sehr strenge und liebenswerte Mann» war zwar beim ersten Gruppenspiel der deutschen Auswahl in St. Gallen gegen Polen (2:0). Allen Überredungsversuchen seiner prominenten Enkelin, auch gegen Frankreich zu kommen, widersetze er sich jedoch: «Er meint's wirklich ernst. Er kommt tatsächlich nur zum Finale. Er ist eine harte Nuss.»
Berger kämpft zweimal gegen Schilddrüsenkrebs Berger musste lange warten, bis sie im deutschen Team ganz oben ankam. Dabei hatte sie sich früh ins Ausland gewagt: Paris Saint-Germain, Birmingham City, Chelsea, dann USA. «Es ist ein sehr, sehr schönes Gefühl, als Nummer eins bei einem Turnier aufzutreten», sagte sie in Zürich. 2017 und 2022 hatte sie mit Schilddrüsenkrebs zu kämpfen, fand aber beide Male schnell wieder zurück in den Leistungssport.
Lange hatte die DFB-Auswahl Torhüterinnen, die über Jahre hinweg zwischen den Pfosten standen: Silke Rottenberg, Nadine Angerer, Almuth Schult, Merle Frohms. Letztere degradierte Bundestrainer Horst Hrubesch vor den Olympischen Spielen 2024 zur Nummer 2 und beförderte Berger.
Ersatz-Torhüterinnen überzeugten bisher nicht Bundestrainer Christian Wück sucht natürlich schon eine Nachfolgerin für die Olympia-Heldin, auch wenn Berger nicht über ein Karriereende nachdenken möchte: «Ich bin ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt.»
Die EM-Ersatzfrauen Stina Johannes und Ena Mahmutovic haben sich bei ihren Einsätzen ohnehin nicht aufgedrängt. Sophia Winkler zog sich im DFB-Training einen Kreuzbandriss zu, Maria Luisa Grohs verlor nach einer Krebserkrankung ihren Stammplatz beim FC Bayern an Mahmutovic. Und Frohms hat sich aus dem Nationalteam verabschiedet und ist von Wolfsburg zu Real Madrid abgewandert.
Breites Lächeln für den Opa bei der Hymne So zeigt Berger weiter ein breites Lächeln, wenn bei der Nationalhymne vor Länderspielen die Kameras auf sie gerichtet sind - für ihren Opa. Der habe vielleicht «nicht so viel Ahnung vom Fussball», aber Ausstrahlung sei ihm wichtig. «Deshalb habe ich mir irgendwann angewöhnt, bei der Hymne zu lachen. Manche denken wahrscheinlich, dass das eine bisschen Verrückte ist», erklärte die Torfrau. «Aber für meinen Opa würde ich alles machen.»
England gewann derweil am Dienstag das Halbfinale gegen Italien. Jessica Carter, die Verlobte von Ann-Katrin Berger, hatte vor dem Halbfinale rassistische Anfeindungen öffentlich gemacht, sie sass am Dienstag zunächst nur auf der Bank, wurde aber urz vor Schluss eingewechselt.
Carter erklärte: «Seit dem Turnierstart habe ich sehr viel Rassismus erlebt. Auch, wenn ich der Meinung bin, dass jeder Fan seine Meinung zu unserer Leistung haben darf, finde ich nicht, dass man auf das Aussehen oder die Herkunft von jemandem abzielen darf.»
Ihre Konsequenz ist. «Deswegen werde ich mich von Social Media zurückziehen. Ab jetzt werden sich andere Leute darum kümmern», schreibt Carter in ihrem letzten Instagram-Post. Sie folgt damit dem Beispiel Bergers. (MANNSCHAFT berichtete über Homophonie im Fussball.)
Und weiter schreibt Carter: «Ich bin dankbar für die Unterstützung der echten Fans. Aber ich muss das machen, um mich selbst zu schützen und mich weiterhin darauf zu konzentrieren, meiner Mannschaft zu helfen.»
Carter hofft darauf, dass ihr Signal ankomme: «Dass ich das öffentlich mache, lässt die Menschen hoffentlich zweimal darüber nachdenken, was sie schreiben, damit sich andere nicht damit beschäftigen müssen. Wir haben Historisches mit dem englischen Team erreicht. Und ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein. Ich hoffe, dass ich hiermit eine weitere positive Veränderung erreichen kann. Jetzt freue ich mich darauf, all meine Energie zu investieren, um meinem Team zu helfen.»
Sollte am Mittwoch Deutschland das EM-Spiel gewinnen, würde Berger im Finale gegen Carter antreten.
Von Ulrike John und David Joram, dpa
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