Alice Weidel kritisiert Strafanträge wegen Beleidigung – und macht es selber
Obwohl sie die Gesetzgebung dazu kritisiert
Die queerfeindliche AfD inszeniert sich gerne als Hüterin der Meinungsfreiheit. Doch vor allem Parteichefin Alice Weidel macht sehr gerne Gebrauch von Paragraf 188.
Paragraf 188 des Strafgesetzbuches regelt den Tatbestand der «Politikerbeleidigung», genauer: «gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung». Er kann greifen, wenn User*innen im Netz unter der Gürtellinie über Politiker*innen schimpfen. Die Empörung ist entsprechend grösser, wenn solche Äusserungen strafrechtliche Folgen haben.
Einerseits will die AfD den Paragrafen abschaffen. In einem entsprechenden Gesetzesentwurf vom Januar dieses Jahres erklärte die Partei, der «einzige erkennbare Zweck solcher Massnahmen» liege «in ihrer abschreckenden Wirkung auf Dritte».
Menschen sollten «von vornherein davon abgehalten werden, ihre Kritik zu äussern», so die AfD. Parteichefin Weidel hatte es Ende 2024 in einer Rede noch drastischer formuliert: Wenn deutsche Bürger*innen aufbegehrten, dann lauerten auf sie «Internetspitzel und Meldestellen einer mit Steuergeld gepeppelten NGO-Stasi». Weidel sprach von «einer panischen wie mimosenhaften politischen Klasse», die «aufsässige Bürger mit Strafanträgen, Geldbussen und Hausdurchsuchungen zum Schweigen zu bringen» wolle.
Nun hat das Portal t-online recherchiert und festgestellt: Die AfD und ihre Parteichefin wettern zwar gerne gegen Vertreter*innen anderer Parteien, wenn diese sich mithilfe des Paragrafen 188 wehren. Auch kritisieren sie Meldeportale, die es Betroffenen erleichtern, Postings verfolgen zu lassen und sie präsentieren sich dabei als Partei der Meinungsfreiheit. Werden Weidel oder andere AfD-Politiker*innen aber selbst im Netz beleidigt, greifen sie gerne auf den 188er Paragrafen zurück – und profitieren dabei von Meldeportalen.
Mit über einem Dutzend Menschen hat t-online gesprochen, gegen die wegen Beleidigung von AfD-Politiker*innen ermittelt wird oder wurde, sowie mit Anwält*innen, die mit Hunderten Fällen aus der AfD befasst sind. Alle ärgern sich über die Doppelmoral einer Partei, die gerne davon spricht, die «politische Korrektheit auf den Müllhaufen der Geschichte» werfen zu wollen.
Weidel habe im vergangenen und in diesem Jahr viele Strafanträge gegen Personen gestellt, die sie beleidigen. Eine genaue Zahl wurde nicht bekannt, die Rede ist von weniger als einer dreistelligen Anzahl.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD bundesweit Anfang Mai zur «gesichert rechtsextremistischen Bestrebung» hochgestuft. Dagegen setzt sich die Partei vor Gericht zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung bezeichnet das Bundesamt die Partei nicht mehr öffentlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Der Inlandsgeheimdienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab.
Während des zurückliegenden Bundestags-Wahlkampfs wurde die lesbische Politikerin immer wieder mit Fragen nach ihrem Wohnsitz konfrontiert. Wie oft genau sie sich in Überlingen aufhält, liess sie offen.
Die 45-Jährige lebt in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einer Schweizerin und zieht mit ihr zwei Kinder gross, laut Weidel in Einsiedeln in der Schweiz (Kanton Schwyz) und Überlingen am deutschen Ufer des Bodensees.
In der Schweiz wird längst über die Kosten diskutiert, die der Schutz Weidels verursacht. SP-Parteipräsidentin Karin Schwiter teilt die politischen Positionen der AfD-Chefin nicht, ist aber laut SRF der Meinung: «Der Kanton Schwyz hat natürlich die Aufgabe, Personen, die da leben, und ihre Angehörigen zu schützen.»
Die Kantonspolizei Schwyz wird vom SRF mit den Worten zitiert: «Auskünfte zu möglichen Massnahmen, Dispositiven oder Ressourcen werden zum Schutz aller involvierten Personen keine gemacht.»
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