696 Stolpersteine erinnern in Würzburg an NS-Opfer
Auch der verfolgten homosexuellen Männer wird gedacht
Ab kommenden Dienstag soll es in Würzburg so viele Stolpersteine geben wie in keiner anderen bayerischen Stadt – insgesamt 696 solcher Gedenktafeln.
Die zehn mal zehn Zentimeter grossen Pflastersteine erinnern an die Opfer der Nazi-Diktatur. Sie werden weltweit vor früheren Wohnhäusern oder Geschäften von Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen und Widerstandskämpfern in den Boden eingelassen. In Würzburg sollen am 25. Juli 15 Steine vor allem von getöteten Homosexuellen verlegt werden, wie der Arbeitskreis «Stolpersteine Würzburg» am Dienstag mitteilte.
Das Projekt geht auf den 1947 in Berlin geborenen Künstler Gunter Demnig zurück, der damit die Menschen über den früheren Nazi-Terror in ihrer unmittelbaren Umgebung stolpern lassen will. Auf den seit 1996 verlegten Steinen sind kleine Messingtafeln mit biografischen Angaben der Ermordeten oder Verfolgten angebracht.
Ende Mai hatte Demnig seinen inzwischen 100 000. Stolperstein eingelassen – in der Nürnberger Bartholomäusstrasse, gewidmet dem Feuerwehrmann Johann Wild, der wegen Abhörens und Verbreitens ausländischer Rundfunkmeldungen von den Nazis im Mai 1941 in München mit dem Fallbeil hingerichtet wurde.
Gunter Demnig macht schon seit Ende der 1960er Jahre Kunst. Dann kam das Projekt «Stolpersteine» zur Erinnerung an Opfer der NS-Diktatur, auch homosexuelle Opfer des Nazi-Terrors. Es wurde sein Lebenswerk. Seit nun mehr als 30 Jahren widmet sich der in Berlin geborene Künstler der Erinnerung an jene, die einmal einfach Nachbar*innen waren und eines Tages verschwanden – vertrieben, verschleppt, ermordet. 1992 legte Demnig in Köln seinen ersten Stolperstein.
Die Steine mit dem Geburtsdatum, dem Deportationsjahr und dem mutmasslichen Schicksal der Menschen bringen Passant*innen vielerorts zum Innehalten, auf Gehwegen in Berlin und anderen Grossstädten liegen sie zu Dutzenden – ein Stolperstein je Opfer.
Demnig sagt, er bekomme immer mehr Anfragen aus aller Welt, von Angehörigen, die sich für ihre in der Shoa ermordeten Eltern oder Grosseltern zumindest dieses kleine Memento in Deutschland wünschten und Trost darin fänden. Im Fall vom schwulen Opfern sind es heute oft Nichten und Grossneffen, die sich an Demning wenden (MANNSCHAFT berichtete).
Nicht in jeder Stadt werden allerdings Stolpersteine verlegt. Gegner*innen sehen dadurch die Würde der Opfer in den Schmutz gezogen und mit Füssen getreten.
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