in ,

Wenn sich ein Muslim im Fernsehen outet

Der ORF zeigt die Dokumentation über den dänischen TV-Moderator Abdel Aziz Mahmoud

Abdel Aziz Mahmoud ist ein dänischer Fernsehmoderator und Autor mit arabischen Wurzeln, der sich als gläubiger liberaler Muslim bezeichnet. Und er ist schwul.

Homosexualität gilt im Islam bekanntlich als Sünde, und so wagte es Abdel Aziz Mahmoud lange Zeit nicht, seine sexuelle Identität offen zu zeigen. Wie er sich schliesslich doch zu einem Coming-out vor seiner Familie und auch vor der dänischen Öffentlichkeit durchgerungen hat, zeigt eine Doku aus der Reihe «kreuz und quer»-Dokumentation, Titel: «Mein Outing – Muslim und homosexuell». Abdel Aziz Mahmoud hat sie gemeinsam mit Kenneth Laugaard gestaltet.

Islamisches Zentrum stellt homophobes Video ins Netz

Seinen Eltern und Geschwistern gegenüber hat sich der heute 37-Jährige bereits vor einiger Zeit als homosexuell geoutet. Abdel möchte aber einen Schritt weiter gehen und öffentlich zu seiner sexuelle Orientierung stehen. Outen möchte er sich in einer TV-Produktion des dänischen Fernsehens, in der Serie «Die Familie von Lærkevej» – einer sechsteiligen Familienchronik, die Einblick in das Leben einer modernen dänischen Familie mit Migrationshintergrund – seiner Familie – gibt. Doch bevor er diesen Schritt wagt, möchte er Näheres über die Haltung des Islam zu gleichgeschlechtlicher Liebe erfahren.

Und so fragt er einige dänische Imame, ob man gleichzeitig Muslim und homosexuell sein kann. Die häufigste Reaktion ist: Nein, Homosexualität sei eine schwere Sünde im Islam. Dabei beziehen sie sich auf jene Stelle im Koran, die von der Vernichtung der sündigen Bewohner*innen von Sodom und Gomorra wegen ihrer Homosexualität berichtet. Dagegen sagt der schwule Imam Christian Hermann: Der Koran kennt Homosexualität gar nicht als Sünde (MANNSCHAFT berichtete). Und in diesem Jahr sollte in London erstmals eine Muslim Pride stattfinden (MANNSCHAFT berichtete).


«Allah ist bei Homosexualität das Totschlag-Argument schlechthin»

Als sich Mahmoud selbst als schwul outet, reagieren die Imame etwas weniger radikal. Zwei der Befragten meinen, die Gefühle an sich seien keine Sünde, erst wenn gleichgeschlechtliche Sexualakte praktiziert werden, dann sei es schwere Sünde.

Nach diesen Gesprächen outet sich Abdel Aziz Mahmoud tatsächlich im Fernsehen. In der Folge erhält er unzählige Botschaften in den sozialen Medien, die meisten recht positiv. Einige davon sind allerdings ablehnend und aggressiv: «Du ekelhafte Schwuchtel» oder «Du bringst Schande über deine Familie».

Ein Poster namens Ali Sheik beruft sich sogar auf Allah: Der habe befohlen, «solche Männer» von einem hohen Turm zu stossen und sie beim Hinunterfallen zu steinigen.


Mahmoud versucht, einige dieser Schwulen-Hasser zu kontaktieren. Die meisten verweigern jedoch den Kontakt, bis auf Ali Sheik. Sogar vor laufender Kamera bekräftigt er seine tiefe Abscheu vor homosexuellen Muslimen. Dennoch findet Abdel Aziz Mahmoud nach der hitzigen Diskussion, dass ihm Ali Sheik zumindest einen Hauch von Sympathie entgegengebracht habe. Sein Fazit nach dieser Auseinandersetzung über Homosexualität und Islam: Es sei wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben, dann werde sich vielleicht in Zukunft die Einstellung der Muslime zu Menschen mit anderer sexueller Orientierung verändern.

Mit der neuen MANNSCHAFT durch den Sommer

Die Doku läuft am Dienstag, den 28. Juli 2020 um 22.35 Uhr in ORF 2. Direkt danach folgt: «Die Abschaffung der Geschlechter – Typisch Mann, typisch Frau, typisch Was?»: Sexismusdebatte, Ehe für alle, drittes Geschlecht. Wir befinden uns in einem Umbruch, heisst es in der Ankündigung,
einer Erschütterung Jahrhunderte alter Traditionen: Die «alte» Welt, in der Männer noch Männer waren und Frauen nur Frauen, scheine vorbei. Was heutzutage als «normal» gelte, werde gerade neu verhandelt. Doch auch der Backlash lasse nicht auf sich warten, vielen gehe der «Genderwahn» zu weit.


schwules paar

HIV in Afrika: Grösseres Risiko in homophoben Ländern

Segnungsverbot

Nach Eklat im Blumenladen: Kleinstadt verbietet Diskriminierung