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Nach Flucht aus Brasilien: Schwuler Politiker Jean Wyllys lässt sich in Berlin nieder

Der Brasilien berichtet gegenüber der Nachrichtenagentur AFP von Morddrohungen per Telefon, über die sozialen Netzwerke und per Email

Jean Wyllys
Jean Wyllys (Foto: Facebook)

Der nach Morddrohungen aus Brasilien geflohene Politiker Jean Wyllys will sich vorerst in Deutschland niederlassen: «Berlin wird meine provisorische Heimat», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Von der deutschen Hauptstadt aus will Wyllys nun seinen Kampf gegen Brasiliens homophoben Staatschef Jair Bolsonaro fortsetzen, der am Dienstag von seinem Vorbild, dem US-Präsidenten Donald Trump in Washington empfangen worden war.

«Wir hoffen das Beste für Brasilien, befürchten aber das Schlimmste»

Bolsonaro habe ihn zu einem Ausgestossenen im eigenen Land gemacht, kritisierte der frühere Abgeordnete der Linkspartei PSOL. «Ich habe Morddrohungen per Telefon, über die sozialen Netzwerke und per Email erhalten», betonte Wyllys. Zuletzt hätten ihn selbst Menschen auf der Straße angefeindet. Dass er bald in seiner Heimat zurückkehren würde, schliesst er deshalb aus.

Wyllys hatte sein Mandat im brasilianischen Kongress niedergelegt, nachdem er Brasilien im Januar verlassen hatte. Damals teilte er mit, er könne in Brasilien nur noch mit zwei Leibwächtern aus dem Haus, weil die Todesdrohungen gegen ihn deutlich zugenommen hätten. Auf Twitter schrieb er: «Am Leben zu bleiben, ist auch eine Strategie, um für bessere Zeiten zu kämpfen.»


Bisher hatte er seinen Aufenthaltsort zu seiner eigenen Sicherheit geheim gehalten

Schon Ende Februar war er in Berlin und sprach in der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Niklas Franzen und Lea Fauth von Neues Deutschland. Damals erzählte Wyllys, dass er auch im Ausland weiter bedroht werde: «Seit ich meine Entscheidung bekannt gegeben habe, wurden neue Drohungen gegen mich und meine Familie veröffentlicht. Und es wurden auch neue Fake News in die Welt gesetzt. Seit meinem Gang ins Exil wird gesagt, dass ich mit dem Mann liiert bin, der einen Anschlag auf Bolsonaro verübt und einen Finanzbetrug begangen hätte und deshalb das Land verlassen hätte. Brasilien befindet sich in einer Art kollektiven Hysterie, in einem Anfall von Dummheit: Alles, was bei WhatsApp auf den Smartphones erscheint, wird geglaubt.»

Kritik an Empfang des homophoben Jair Bolsonaro in der Schweiz

Die Demokratie in Brasilien sei «in Gefahr», erklärte Wyllys im aktuellen Gespräch mit AFP. Nach Bolsonaros Wahlsieg im Oktober habe die Gewalt gegen Mitglieder der queeren Community deutlich zugenommen. Er selbst werde bereits seit dem Mord an der lesbischen Kommunalpolitikerin Marielle Franco in Rio de Janeiro vor einem Jahr.


Ich könnte keinen schwulen Sohn lieben. Ich hätte lieber, dass er bei einem Autounfall sterben würde

Der frühere Armeeoffizier Bolsonaro, der immer wieder mit homophoben Äußerungen aufgefallen ist, ist seit Jahresbeginn Präsident. In einem Interview mit dem Playboy hatte der 63-Jährige erklärt: «Ich könnte keinen schwulen Sohn lieben. Ich hätte lieber, dass er bei einem Autounfall sterben würde.» An anderer Stelle setzte er das Gerücht in die Welt, dass Drogenkonsum viele Männer schwul mache.

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Vorwurf gegen Familie Bolsonaro
In seiner Zeit als Abgeordneter waren Bolsonaro und Wyllys mehrfach aneinandergeraten. Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen denen, die ihm drohen und Fake News produzieren, und der Familie Bolsonaro, erklärte Wyllys im Neues Deutschland-Interview. «Bolsonaro war schon seit vielen Jahren Abgeordneter, als ich in den Kongress einzog. Er hat es geschafft, seine drei Söhne im Parlament zu platzieren. Es gibt also eine einzige Familie mit vier Personen, die die Institutionen dazu nutzen, mich zu diffamieren.»

Im April 2016 spuckte Wyllys Bolsonaro ins Gesicht, nachdem der Politiker in der Debatte um die Absetzung der damaligen Präsidentin Dilma Rousseff einen Folterer aus der Zeit der Militärdiktatur gelobt hatte.

Wyllys stellte im Februar auch klar, er habe Brasilien nicht verlassen, weil Bolsonaro die Wahl gewonnen hat. «Bereits vor der Wahl urteilte die Interamerikanische Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten, dass der brasilianische Staat bei meinem Schutz versagt. Aber im Wahlkampf haben die Morddrohungen deutlich zugenommen und die politische Gewalt ist nach seiner Wahl explodiert», so Wyllys.


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