«Du dumme Schwu***el, dich wähle ich nicht!»

Der junge Politiker wird im Wahlkampf homofeindlich beschimpft

Düringer ist offen schwul und trägt gerne geblümte Hemden. Dafür beschimpft man ihn im Wahlkampf an den Haustüren. (Foto: Jens Grossmann)
Düringer ist offen schwul und trägt gerne geblümte Hemden. Dafür beschimpft man ihn im Wahlkampf an den Haustüren. (Foto: Jens Grossmann)



Mit 21 Jahren ist er das jüngste Mitglied des Wuppertaler Stadtrates und Verordneter für den Bezirk Heckinghausen-West: Yannik Düringer. Weil er offen schwul ist, wird der junge SPD-Politiker homofeindlich angefeindet, auch im Wahlkampf.

Yannik Düringer studiert an der Bergischen Universität Wuppertal Sozialwissenschaften und Geschichte. In seiner Freizeit spielt er Geige und steht auf den Eurovision Song Contest. Der Vorsitzender der Jusos Wuppertal, der Jugendorganisation der SPD, ist offen schwul und hat eine Vorliebe für blumige Hemden. Darum wird er offen angefeindet.

Ich werde im Wahlkampf an Haustüren beschimpft, erzählt er gegenüber MANNSCHAFT. Zum Beispiel Sätze wie: «Du dumme Schwuchtel, dich wähle ich nicht!» Dann fliege auch direkt die Tür vor seiner Nase zu.

Wenn der cis Mann nicht als schwul wahrgenommen, dann als trans – und auch entsprechend beschimpft. Yannik wird auf der Strasse erkannt, spätestens seit dem letzten Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Der SPD trat er 2017 bei, politisch akiv ist er seit 2018.

Die homophoben Beschimpfungen kamen mit der steigender Bekanntheit, sagt der gebürtige Wuppertaler. «Wenn erstmal die Wahlplakate hängen, gibt es einen Bekanntheitspush.»

Es passiert u.a., wenn er Flyer verteilt. «Dann wird man doof angemacht oder angeglotzt, die Blicke sind fast noch schlimmer.» Es sind fast ausschliesslich Männer, die ihn anpöbeln, sagt Yannik, egal welchen Alters.

Manchmal rufen sie im Vorbeifahren aus dem Auto. Dann ist es nicht möglich, auf die Beschimpfungen zu reagieren. Sonst versucht er wann immer möglich, die Anfeindung zu thematisieren. «Was soll das? Ich versuche hier Wahlkampf zu machen», sagt er dann.

Man weiss nie, wie das Gegenüber reagiert.

Oft ist es ihm aber auch zu müssig. «Man weiss ja auch nicht, wie das Gegenüber reagiert.» Darum hält er oft lieber den Mund und entfernt sich. Dazu kommt: Er will sich nicht als Opfer inszenieren und stilisieren. Fest stehe aber: «Wir haben noch viel Arbeit vor uns.»

Bisher hat er die Anfeindungen nicht angezeigt. «Weil das Internet kein rechtsfreier Raum ist, werde ich das wohl in Zukunft mehr machen.» Zum Glück ist er im Wahlkampf nie allein unterwegs. Das ist eine generelle Schutzmassnahme, ganz unabhängig von der sexuellen oder geschlechtlichen Identität.

Yannik ist dankbar, dass sich sein Parteichef solidarisch gezeigt hat. «In der Partei unterstützen sie mich, auch um eine Öffentlichkeit für das Thema Anfeindungen von LGBTIQ zu schaffen.» Auch im Stadtrat bringt er immer wieder queerpolitische Themen an; das werde auch wohlwollend aufgenommen, sagt er.

«Wir brauchen hier in Wuppertal Schutzräume, momentan gibt es nur eine schwule Kneipe.» Ansonsten sieht es mager aus in der Stadt. Darum kämpft er für ein queeres Jugendzentrum. «Das ist mein Baby», sagt Yannik.

Im Frühjahr wurde Kreisrat Stefan Lindauer aus Bayern als «Schwuchtel» beleidigt. Das Amtsgericht Passau verurteilte den geständigen Täter wegen Beleidigung zu 1800 Euro Strafe (MANNSCHAFT berichtete). Denn: «Die Beschimpfung als Schwuchtel fällt unter Hasskriminalität», erklärt der Hate-Speech-Beauftragte von Bayern (MANNSCHAFT+).

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