«Was wir fürchten»: Schwuler wehrt sich gegen «Konversionstherapie»
ZDF-Serie erzählt zu Halloween Horrorgeschichten, die auch gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen
Schreckliches gut erzählen – das kann die ZDF-Serie «Was wir fürchten». In der neuen Folge wehrt sich ein schwuler Schüler gegen seinen strenggläubigen Vater, der ihn einer «Konversionstherapie» unterziehen will.
Von Valeria Nickel, dpa
Vom ersten Moment an regiert Gänsehaut-Atmosphäre: «Ich seh‘ Dinge, schreckliche Dinge», warnt die Stimme von Lisa Abel (Mina-Giselle Rüffer) zu Beginn von «Was wir fürchten». Die Serie begleitet die Jugendliche mit gruseligen Visionen und ihre Mutter, eine Polizistin, bei Ermittlungen zu zwei tragischen Ereignissen. Im Fernsehen laufen alle sechs Folgen bei ZDFneo am Halloween-Dienstag ab 22.20 Uhr. In der ZDF-Mediathek sind sie schon jetzt abrufbar.
Eigentlich haben sich Lisa und ihre Mutter Franka (Marie Leuenberger) von ihrem Umzug aus Stuttgart ins abgelegene Großstetten mehr Ruhe erhofft. Die 17-Jährige leidet unter Panikattacken und wurde an ihrer alten Schule deswegen gemobbt. Doch auch hier hat Lisa die Anfälle, wird von übernatürlichen Horrorgestalten heimgesucht. Und dann hat die von einem Amoklauf erschütterte Stadt auch noch einen neuen Toten zu beklagen, dessen Fall Franka als Polizistin keine Ruhe lässt.
Einen Horror der anderen Art erlebt Simon (Paul Ahrens), der ebenfalls Schüler in Großstetten ist. Er ist schwul und sein strenggläubiger Vater findet das heraus. Mittels einer «Konversionstherapie» will der Vater den Jungen von dessen sexueller Orientierung abbringen. Er schickt ihn in ein Waldhaus zu einem schmierigen Pseudo-Therapeuten, der die Behandlungen – zur Not auch mittels Elektroschocks – anbietet. In Deutschland sind Konversionsbehandlungen an Kindern und Jugendlichen seit 2020 verboten (MANNSCHAFT berichtete).
«Was wir fürchten» ist wie eine Mischung aus der Mystery-Serie «Dark», einem guten «Tatort» und einer ordentlichen Portion Schreckmomente. An die erfolgreiche Netflix-Produktion «Dark» erinnern vor allem die dramatische Musik, das Setting der am dunklen Wald gelegenen Kleinstadt und die starken Kameraeinstellungen. Gleichzeitig laden Frankas nervenaufreibende Ermittlungen und Lisas geheimnisvolle Visionen zum Miträtseln ein, wie in einem guten Krimi. Passend dazu war Regisseur Daniel Rübesam zuvor unter anderem auch für «SOKO Stuttgart» tätig.
Horrorfans kommen in jeder Folge durch sogenannte Jump-Scares auf ihre Kosten, also Sequenzen, in denen plötzlich auftauchende Fratzen jeden, der nicht vorbereitet ist, bis ins Mark erschrecken. Die Geschichte kitzelt jedoch nicht nur die Nerven, sondern auch den Intellekt. Sie spricht grosse, zeitgemässe Themen wie Mobbing, Missbrauch, Emanzipation, junge Liebe oder Übersinnlichkeit an und schafft es, sie elegant miteinander zu verweben. Besonders ab der dritten Folge nimmt die Erzählweise an Fahrt auf und lässt keine Sekunde der Ablenkung zu.
Fesseln tut das Publikum nicht nur die Geschichte, sondern auch die bemerkenswerte Leistung der jungen Hauptdarstellerin Mina-Giselle Rüffer und ihres Co-Stars Paul Ahrens, welche ihre Charaktere einfühlsam und gleichzeitig gelassen zum Leben erwecken. 2021 gewann Rüffer für ihre Rolle als Nora Machwitz in der Jugendserie «Druck» den Grimme-Preis. Auch Ahrens spielte dort mit.
«Was wir fürchten» brilliert mit einem gut erzählten Ende, das alle Erzählstränge zusammenführt und bei dem das Publikum sich sogar ausnahmsweise über das Auftauchen der Horrorgestalten freuen dürfte. Es ist eine empfehlenswerte Serie für die dunkle Jahreszeit.
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