Traumwelten inmitten von Chaos: Die Kunst von Tarek Lakhrissi
Von der Selbstfindung in einer mehrheitlich weissen und heterosexuellen Gesellschaft
Das Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich zeigt bis 20. Mai die Ausstellung «Bliss» von Tarek Lakhrissi. Der französische Künstler nimmt sein Publikum auf eine autofiktionale Reise in drei Akten mit.
Hautfarbe, soziale Klasse und Gender sind Themen, die in den Werken von Tarek Lakhrissi immer wieder auftauchen. Der Künstler und Dichter lässt biografische Erfahrungen mit fiktiven Elementen verschmelzen und nutzt dabei sowohl traditionelle Narrative als auch schillernde Pop-Ästhetik.
Das Ergebnis? Ein bühnenartiges Setting, in das die Besucher*innen der Ausstellung «Bliss» noch bis 20. Mai im Migros Museum für Gegenwartskunst eintauchen können. Dabei begegnen sie fantastische, irritierende und teils skurrillen Traumwelten inmitten von Chaos.
Wie lebt es sich in einer mehrheitlich weissen und cis Gesellschaft? Als queerer Künstler of colour gibt Lakhrissi dem Publikum die Möglichkeit, sich mit subtilen Hinweisen mit seinen eigenen Erfahrungen zu identifizieren, und erzählt zugleich eine ausgedachte Geschichte mit unzähligen Ebenen.
«Bliss» ist in drei Akten gegliedert. Im Raum «pending», Akt I, schwingt ein raumfüllendes Glaspendel auf hypnotisierende Weise im Kreis. Mit seiner ununterbrochen kreisenden Bewegung bezieht es sich auf das Konzept der zirkulären Zeiterfahrung.
Ähnlich wie das weisse Kaninchen aus Alice im Wunderland markiert es den Eintritt in eine wundersame Welt und symbolisiert die Aufhebung von normativen Raum- und Zeitkontinuitäten – etwa der konventionellen Chronologie von Kennenlernen, Eheschliessung und Familiengründung. Das Pendel regt die Besucher*innen dazu an, seinem Rhythmus zu folgen. Es stellt sie zudem vor die Entscheidung, sich nach rechts oder links durch die Ausstellung zu bewegen.
Die kreisrunde Arena im zweiten Akt, «Dancing in a Limbo», erinnert an den Ausdruck «sich im Kreis drehen». Im Zentrum von Akt II steht der Film Bright Heart (2023), der die märchenhafte Reise eines jungen Mannes auf der Suche nach sich selbst erzählt. Jahid, der Protagonist, flieht aus einer hoffnungslosen Situation und findet Zuflucht in einem merkwürdig stillen Museum. Dort passieren aussergewöhnliche Dinge und er begegnet fabelhaften Wesen, von denen er etwas über Exklusion, Schönheit, Selbstvertrauen, alltägliche Gefahren und die Liebe lernt.
Im dritten und letzten Akt, «The Monster’s Resolution», erscheinen monströse Skulpturen in einer immersiven Landschaft. Autobiografie und Fiktion verschmelzen in diesem Raum zu einer Erkundungsreise zum eigenen Selbst, die Bühne ist frei für das Finale – mitsamt künstlichen Nägeln, Sternen, Monden, Herzen und Teufeln. So bringt der Künstler ein komplexes Zusammenspiel zum Ausdruck: zwischen Licht und Dunkelheit, Glückseligkeit und Melancholie.
Über das Zurechtfinden in der Gesellschaft dreht sich auch der Artist Talk am 14. März zwischen Tarek Lakhrissi und dem Kurator der Ausstellung, Michael Birchall. Das Gespräch entwickelt sich auf Basis einer Playlist mit Liedern, die die beiden mit Themen der Ausstellung verbinden. Die Popkultur dient dabei als Sprungbrett in verschiedene Diskurse, die Lakhrissi in seiner künstlerischen Praxis inspirieren.
Tarek Lakhrissi – «BLISS» | vom 10.02. bis 20.05. 2024 Migros Museum für Gegenwartskunst im Löwenbräukunst Limmatstrasse 270 8005 Zürich
Di/Mi/Fr/Sa/So: 11–18 Uhr Do: 11–20 Uhr
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