Transphobe Hetze und «gefährliches Spiel» – Kritik an Axel Springer
LGBTIQ-Messe Sticks & Stones lädt den Verlag aus
Ein Meinungsartikel in der Tageszeitung Die Welt führt zu Kritik an der Axel Springer Verlagsgruppe. Der Vorwurf: LGBTIQ-feindliche Aussagen und Falschinformationen.
Am Mittwoch war im Online-Portal der Zeitung Die Welt der Meinungsartikel «Wie ARD und ZDF Kinder sexualisieren und umerziehen» erschienen, später geändert in: «Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren». Die Autor*innen: Rieke Hümpel, Uwe Steinhoff, Antje Galuschka, Alexander Korte und Marie Vollbrecht.
Die Uhlala Group als Veranstalterin der Sticks & Stones, nach eigenen Angaben Europas grösste LGBTIQ Job- und Karrieremesse, hat den Verlag nun von der Messe ausgeladen. Man setze sich für LGBTIQ am Arbeitsplatz und deren Empowerment ein. «Wertschätzung, Vielfalt und Chancengerechtigkeit sind für uns nicht auf LGBTIQ beschränkt, sondern Werte, die unser Handeln leiten. Hass und Hetze treten wir entschlossen entgegen», heisst in einer Erklärung.
Mit Axel Springer habe man seit den Anfängen der Messe im Jahr 2010 zusammengearbeitet. Doch in dem Meinungsartikel in Die Welt würden LGBTIQ feindliche Aussagen getätigt und Falschinformationen verbreitet. «Zudem wird Stimmung gegen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sowie deren Repräsentanz gemacht. Der Artikel schadet LGBTIQ Menschen und vergiftet die öffentliche Debatte», heisst es in einer Pressemitteilung am Donnerstag.
«Wir als Uhlala Group distanzieren uns ausdrücklich von dem genannten Artikel, der Tageszeitung Die Welt sowie von der Axel Springer SE, unter deren Dach dieser Beitrag erschien. Vor diesem Hintergrund können wir unsere bisher bestehende Zusammenarbeit mit der Axel Springer SE nicht weiterführen. Die im Artikel verbreiteten Aussagen widersprechen unserem Selbstverständnis, unseren Werten und der Mission unserer Arbeit als Uhlala Group. Selbiges trifft auf unsere Projekte und Veranstaltungen – und damit auch auf die Sticks & Stones – zu.»
Axel Springer sei daher von der geplanten Teilnahme an der Messe in diesem Jahr ausgeladen worden. «Wir bedauern die jüngsten Entwicklungen, insbesondere vor dem Hintergrund der engagierten Mitarbeitenden der Axel Springer SE, die sich für LGBTIQ einsetzen.»
Man hoffe, dass Axel Springer in Zukunft Wertschätzung und Respekt für LGBTIQ in allen Teilen und Sparten des Konzerns berücksichtige und zum Massstab mache. Dazu zähle auch, sich von LGBTIQ-feindlichen Aussagen, Standpunkten sowie medialen Beiträgen zu distanzieren und diesen keine Plattform zu geben.
Auch der LSVD hatte den Artikel kritisiert. Alfonso Pantisano aus dem LSVD-Bundesvorstand erklärte: «Dass die Welt und der Axel-Springer-Verlag zum Auftakt des Pride Month den gefährlichen Falschaussagen zahlreicher Akademiker*innen eine Plattform bieten und es ermöglichen, dass mit Begriffen wie ,Transgender-Ideologie‘, ,Umerziehung‘ und ,Sexualisierung‘ gegen trans, inter und nicht-binäre Menschen gehetzt wird, ist erschreckend. Unter dem Mantel einer vermeintlichen Objektivität und akademischen Seriosität werden Falschbehauptungen gestreut, und ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Verständnis für die Verschiedenheit und Vielfalt der partnerschaftlichen Beziehungen, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten wird dämonisiert.»
«Transgender-Ideologie» sei ein zentraler Kampfbegriff, der vor allem von rechtspopulistischen, rechtskonservativen oder rechtsreligiösen Akteur*innen benutzt werde. Damit sollen die Rechte, Anerkennung und Gleichbehandlung von trans Personen, Gleichstellungspolitik oder sexuelle und reproduktive Rechte abgewehrt werden. «Die Initiator*innen und Unterzeichner*innen des Aufrufs treiben mit Vorurteilen und Diffamierungen ein gefährliches Spiel, das auch Kindern und Jugendlichen schadet, anstatt sie vor Anfeindung und Ausgrenzung zu schützen.» All das unterstütze der Axel-Springer-Verlag mit der Veröffentlichung des Beitrages, so der LSVD.
Auf dem Berliner CSD wolle der Verlag dann aber mit einem Wagen teilnehmen. Wenige Wochen vorher gebe er kruden und gefährlichen Thesen von Gleichstellungsgegner*innen noch einen Platz und unterstütze somit deren Verbreitung. Wie gefährlich diese Hetze gegen geschlechtliche Minderheiten sei, könne man an den steigenden transfeindlichen Hassgewaltdelikten ablesen, so Pantisano.
Der unaufgeregte Umgang mit vielfältigen Lebensweisen und Identitäten stärkt alle Kinder und Jugendlichen und wirkt gegen die vergiftete Ideologie von Gleichstellungsgegner*innen.
Es sei wichtig, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in den Formaten der öffentlich-rechtlichen Sender einen Platz habe. Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans und inter Menschen seien Teil gesellschaftlicher Selbstverständlichkeit. «Der unaufgeregte Umgang mit vielfältigen Lebensweisen und Identitäten stärkt alle Kinder und Jugendlichen und wirkt gegen die vergiftete Ideologie von Gleichstellungsgegner*innen.»
Derweil erklärte Stephan Brandner, stellvertretender AfD-Bundessprecher, mehrere Wissenschaftler hätten sich mit Hilfe eines umfangreichen Dossiers kritisch zu den transportierten Inhalten des Öffentlichen Rundfunks positioniert. Ihre Analyse zeichne ein erschreckendes Bild. «Sie kommen zu dem Schluss, dass es sich um keinen Journalismus mehr handele. So sei die Berichterstattung unwissenschaftlich und genüge den anerkannten journalistischen Grundsätzen nicht. Die Kritik bezieht sich insbesondere auf Darstellungen der Transgender-Ideologie – analysiert werden aber auch Beiträge zu Kannibalismus, Fetischen und Vergewaltigungsszenarien.»
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk tragte laut Brandner dazu bei, Ideologien «in die Zimmer unserer Kinder zu tragen, die dort nichts zu suchen haben». Er sei ein «Sprachrohr der Trans-Lobby, das zur Sexualisierung und Umerziehung unserer Kinder dient». Die AfD stehen darum für die Abschaffung «des sogenannten Staatsfunkes», so Brandner.
Zum Internationalen Frauentag erlaubte sich die Dating-App OkCupid einen Streich mit dem Springer-Blatt Bild. In einer bundesweiten Kampagne korrigiert das Unternehmen Aussagen der Zeitung, die am generischen Maskulinum festhalten und unter den Überbegriff «Gender-Gaga» fallen (MANNSCHAFT berichtete).
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