Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Gil Ofarim wegen Verleumdung
Der Sänger hatte sich damals gegen Rassismus, Antisemitismus und Homophobie ausgesprochen
Die Antisemitismus-Vorwürfe des Musikers Gil Ofarim gegen ein Hotel in Leipzig schlugen hohe Wellen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen abgeschlossen. Demnach war es anders, als der Musiker sagt.
Ein halbes Jahr nach den Antisemitismus-Vorwürfen des Musikers Gil Ofarim hat die Staatsanwaltschaft Leipzig Anklage erhoben – gegen den Künstler selbst. Nach umfangreichen Ermittlungen wirft sie Ofarim falsche Verdächtigung und Verleumdung vor, wie sie am Donnerstag mitteilte. Demnach habe sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in dem Leipziger Hotel «The Westin» nicht so zugetragen, wie Ofarim es in einem Video geschildert hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen einen Hotelmitarbeiter wurde eingestellt.
Ofarim schrieb weiter, er wolle allen für unfassbar viele, sehr persönliche Nachrichten danken und sei überwältigt, was für eine Solidarität ihm und diesem wichtigen Thema aus der ganzen Welt entgegengebracht werde. Es dürfe keinen Platz für Hass, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Diskriminierung jeglicher Art geben (MANNSCHAFT berichtete). In dem Hotel soll sich auch schon ein homofeindlicher Vorfall zugetragen haben (MANNSCHAFT berichtete).
Ofarims Management ist für eine Stellungnahme des Künstlers angefragt. Die Betreiber des Hotels reagierten erleichtert auf das Ergebnis der Ermittlungen.
Der Musiker hatte das Video am Abend des 4. Oktober 2021 vor dem Hotel aufgenommen und darin gesagt, dass ihn ein Mitarbeiter des Hotels aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Am nächsten Morgen veröffentlichte er es auf Instagram. Das Video ging viral und löste zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus. Ofarim erstattete später Anzeige, aber auch der betroffene Hotelmitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in der Gesamtschau der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Ofarim geschildert worden ist, so nicht ereignet.
Die Staatsanwaltschaft hat in den vergangenen Monaten einen grossen Aufwand betrieben, um aufzuklären, was in der Hotellobby vorgefallen ist. Es wurden zahlreiche Zeug*innen befragt, ein Digitalforensiker wertete Aufnahmen von Überwachungskameras aus dem Hotelbereich aus. «Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in der Gesamtschau der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet», teilte die Anklagebehörde mit.
Stattdessen gebe es einen hinreichenden Tatverdacht dafür, dass Ofarim in seinem Video und später bei der Polizei die Unwahrheit gesagt hat. Daraus ergebe sich der Tatvorwurf der Verleumdung und der falschen Verdächtigung. Das Landgericht Leipzig muss nun entscheiden, ob es die Anklage gegen den Musiker zulässt. Ofarim ist der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim (1937-2018) und in Deutschland aufgewachsen.
Nach Angaben des Hotels «The Westin» wurde der in dem Video beschuldigte Mitarbeiter persönlich und in den sozialen Medien massiv bedroht. Das gesamte Hotel-Team sei nun «nach langen Wochen und Monaten über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft äusserst erleichtert». Manager Andreas Hachmeister erklärte: «Ich bin sehr froh und optimistisch nun wieder in die Zukunft blicken zu können.»
In den USA wurde kürzlich wegen eines vorgetäuschten rassistischen und homophoben Angriffs Schauspieler Jussie Smollett zu fünf Monaten Haft verurteilt (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Russland
Pussy-Riot-Aktivistin erschüttert mit Schilderungen von Straflager
Maria Aljochina Aljochina war 2012 nach einer gegen Putin gerichteten Protestaktion mit Pride-Flaggen in Moskau zu zwei Jahren Haft im Straflager verurteilt worden.
Von Newsdesk/©DPA 
Queerfeindlichkeit
News
Aktivismus
Kultur
News
Queerfeindliche Schmierereien in Berlin: Staatsschutz ermittelt
Der Staatsschutz ermittelt wegen antisemitischer und queerfeindlicher Schmierereien in Berlin-Neukölln.
Von Newsdesk/©DPA 
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Schweiz
Keine neuen HIV-Übertragungen bis 2030? Ziel «ernsthaft in Gefahr»
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat die aktuellsten Zahlen zu HIV und sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in der Schweiz veröffentlicht. Nationale und globale Sparmassnahmen würden die erreichten Fortschritte und das Ziel 2030 gefährden, so die Medienmitteilung.
Von Newsdesk Staff 
HIV, Aids & STI
Gesundheit
Lust
Onlinedating: Übernimmt die KI jetzt auch das Flirten?
Die Dating-Plattform Romeo hat sich in einer aktuellen Umfrage mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) im Onlinedating befasst. Die Schlussfolgerung: KI soll unterstützen, aber nicht ersetzen.
Von Newsdesk Staff 
Dating
Liebe