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«Soulmates»: Ein One-Night-Stand und das Rätsel der Monogamie

Zwei queere Folgen der neuen Serie hat Marco Kreuzpaintner («Sommersturm») gedreht

Soulmates
Foto: AMC

Der Gedanke, dass es für jede*n von uns irgendwo da draussen eine*n Seelenverwandten gibt, ist ebenso alt wie tröstlich. Doch was wäre, wenn das nicht nur eine Art romantischer Aberglaube, sondern ein wissenschaftlicher Fakt wäre? An diesem Montag startet «Soulmates» auf Amazon Prime.

In der Serie «Soulmates» jedenfalls wird im Jahr 2023 das Seelen-Partikel entdeckt, anhand dessen sich für jeden Menschen sein Seelenverwandter oder seine Seelenverwandte feststellen lässt. Die Firma Soul Connex macht damit schnell einen Reibach: schon ein kurzer Test genügt, um den Lebensmenschen überall auf der Welt zu ermitteln. Vorausgesetzt natürlich, der oder die andere hat sich auch bereits testen lassen.

In sechs von einander unabhängigen Folgen spielt «Soulmates» – erfunden und geschrieben von Brett Goldstein («Ted Lasso») und William Bridges («Black Mirror») und ab dem 8.2. bei Prime Video zu sehen – durch, welche Folgen diese Entwicklung haben kann. Gleich in der sehenswerten Auftaktsepisode etwa gerät die Ehe von Nikki (Sarah Snook aus «Succession») und Franklin (Kingsley Ben-Adir, der aktuell auch als Malcolm X in «One Night in Miami» brilliert) in Schieflage, je mehr Menschen in ihrem Umfeld den Test machen und sich plötzlich ein ganz neue Beziehungs- und Liebesideal ausbreiten. Selbst die vielen gemeinsamen und meist glücklichen Jahre sowie zwei Kinder scheinen nicht anzukommen gegen die aufziehenden Zweifel, ob man womöglich doch für jemand anderen bestimmt ist.

Zu den besten Folgen dieser ersten Staffel (eine zweite ist bestellt) gehören die beiden, die der deutsche Regisseur Marco Kreuzpaintner («Sommersturm») inszeniert hat, der zuletzt mit «Beat» auch seine eigene, Grimmepreis-prämierte Serie verantwortete (MANNSCHAFT berichtete). «Little Adventures» lotet auf interessante Weise aus, was das Konzept von Seelenverwandtschaft eigentlich alles bedeuten kann. Libby (Laia Costa aus «Victoria») und Adam (Shamier Anderson) führen seit Jahren eine glückliche Ehe, auch weil sie sich gelegentliche Abenteuer erlauben.


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„Wir haben das Rätsel der Monogamie gelöst», freut sich Libby einmal. Doch als Jahre nach ihrem Soul Connex-Test plötzlich ein Ergebnis vorliegt, müssen sie ihre bewährten Beziehungsmuster noch einmal komplett neu justieren. Denn Libbys Seelenverwandte Miranda (Georgina Campbell, «Broadchurch») identifiziert sich, genau wie sie, als heterosexuelle Frau. Die Grenzen zwischen freundschaftlicher und romantischer Liebe können allerdings fliessend sein, und natürlich sind auch Partnerschaftsmodelle nicht in Stein gemeisselt. (Treue Schwule gibt es ja angeblich nicht, aber wir haben trotzdem welche gefunden – MANNSCHAFT+)

Auch in «Layover» zeigt sich, dass es nicht nur einen Weg gibt, mit einem positiven Testergebnis umzugehen. Mateo (Bill Skarsgård) macht eigentlich in Mexiko nur einen Zwischenstopp, um in Kolumbien seinen Seelenverwandten zu treffen und den Traum vom Gatten samt Haus und Kindern Wirklichkeit werden zu lassen. Ein kurzer One-Night-Stand mit Jonah (Nathan Stewart-Jarrett, der 2018 in «Angels in America» am Broadway brillierte und vergangenes Jahr auch in der Serie «Vier Hochzeiten und ein Todesfall» eine schwule Rolle spielte) soll daran nichts ändern. Doch kurz vorm Weiterflug sind dann sein Geld und der Reisepass weg, und Mateo bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem Lover von letzter Nacht in ein actionreiches Abenteuer zu stürzen, um doch irgendwie seine Weiterreise garantieren zu können.

So unterschiedlich die sechs Folgen der «Soulmates» inhaltlich sind, so sehr schwankt auch ihre Qualität. Gleichzeitig macht gerade die Vielfalt der Serie im Umgang mit ihrem übergreifenden Thema sie reizvoll, nicht zuletzt auch dank überzeugender Darsteller*innen, die das meiste herausholen aus ihren Figuren, von denen wir oft nicht allzu viel erfahren.


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Tatsächlich ist die Frage berechtigt, ob es nicht vielleicht spannender und ergiebiger gewesen wäre, statt sechs Geschichten in Kürze abzuhandeln lieber zwei oder drei etwas ausführlicher zu erzählen. Und dafür psychologisch und emotional hier und da etwas tiefer zu schürfen. Oder auch den dystopischen Abgründen mehr Raum zu geben, die die Prämisse natürlich auch hergibt. Trotzdem: Sehenswert ist «Soulmates» allemal, nicht zuletzt die beiden queeren Folgen unter der Regie von Kreuzpaintner.


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