«So lost wie noch nie»: Guido Maria Kretschmer über Verlust der Eltern
Der Designer spricht zum ersten Mal öffentlich über seine Trauer
Der schwule Modedesigner und TV-Moderator sprach in der NDR-Talkshow deep und deutlich erstmals über den Verlust beider Elternteile innerhalb von nur wenigen Monaten.
Hinter Kretschmer liegt ein trauriges Jahr: Im August 2023 starb sein Vater Erich Kretschmer im Alter vor 87 Jahren. Im Dezember 2023 starb dann auch seine Mutter Marianne Kretschmer mit 84 Jahren, sie litt an Demenz.
Im deep und deutlich-Talk sagte der 58-Jährige jetzt, als sein Vater starb, sei sein erster Gedanke gewesen: «Jetzt bin ich irgendwie wie eine Halbwaise. Wie werde ich es ohne ihn schaffen?»
Er habe seinen Vater sehr geliebt, so Kretschmer. Dadurch, dass sie sich so ähnlich gewesen seien, «hatte ich dann so ein Loch, was sich nicht schliessen liess. Ich war nicht in der Lage, damit umzugehen. Ich habe zwar weitergedreht, bei mir flossen manchmal die Tränen aus dem Nichts heraus. Ich war wirklich schwer verletzt.»
Sein Vater habe ihm beigebracht, «wie das funktioniert mit dem Sterben», erklärt Kretschmer.
«Ich hätte beide heiraten können» Als vier Monate später auch seine Mutter starb, «da war alles weg. Da war ich fast nicht in der Lage, mit dem Auto zurück nach Hamburg zu fahren. Da war ich so lost wie noch nie in meinem ganzen Leben.»
Zu der Zeit, als sein Vater starb, sei seine Mutter dement geworden. So habe sie sich von der Situation gelöst, um sich zu schützen, meint Kretschmer.
Trotz der Trauer, die er empfinde, sei er auch voller Dankbarkeit, so Kretschmer im NDR: «Ich hätte beide heiraten können. Ich hätte mit beiden mein ganzes Leben verbringen können. Und das ist ein grosses Geschenk.»
In beiden Fällen habe er am Sterbebett sehr liebevoll und berührend Abschied nehmen können. Die Beziehung zu seinen Geschwistern sei dadurch teils intensiver und enger geworden. Und er habe seinen Alltag noch mal neu sortiert, sagte der in Münster geborene Kretschmer.
«Werde ich weiterhin so viele Baustellen haben?» Er habe seine Aktivitäten auf den Prüfstand gestellt und sich gefragt: «Mache ich das so weiter wie es war? Werde ich weiterhin so viele Baustellen haben?» Das sei ein grosses Thema für ihn gewesen, sagte Kretschmer, der beispielsweise für die Vox-Fernsehsendung «Shopping Queen» bekannt ist (MANNSCHAFT berichtete).
«Das ist es immer noch so ein bisschen. Es wird jetzt besser. Aber ich glaube, es braucht auch diese Zeit.» Das Zurückfinden ins Leben nach dem Tod von geliebten Menschen sei sehr schwer.
Zuletzt hatte Kretschmer das Buch «19.512 Schritte» veröffentlicht. Darin geht es um einen besonderen Tag in Berlin, an dem er beschloss, sich auf alle Menschen einzulassen, die ihm begegnen und sich mit ihnen zu unterhalten.
Das Gefühl, nicht allein unterwegs zu sein, ist eine existenzielle Erfahrung
«Das Gefühl, nicht allein unterwegs zu sein, das ist eine sehr existenzielle und schöne Erfahrung gewesen», so Kretschmer in einem Tagesspiegel-Interview zum Buch. «Als ich angefangen habe zu schreiben, habe ich schnell gemerkt, das wird nicht einfach ein Erlebnisbericht, sondern auch eine Bestandsaufnahme.» (mit dpa)
Die kanadische Autorin Suzette Mayr erzählt in ihrem Buch «Der Schlafwagendiener» die Geschichte eines jungen schwarzen, schwulen Mannes, der versucht, seinen Weg in der Gesellschaft zu finden (MANNSCHAFT berichtete).
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