So erinnert Wien an verfolgte Homosexuelle in der NS-Zeit

Marc Quinn gewann mit seinem Entwurf den künstlerischen Wettbewerb für das Denkmal im Resselpark

So sollte in Wien an homosexuelle NS-Opfer erinnert werden (Modell: Marc Quinn)
So sollte in Wien an homosexuelle NS-Opfer erinnert werden (Modell: Marc Quinn)

Wien bekommt ein Denkmal für verfolgte homosexuelle Männer und Frauen in der NS-Zeit.

Anfang Juli wurde der Siegerentwurf für das Denkmal für die Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in der NS-Zeit wurden, im Wiener Resselpark präsentiert. Eingeweiht werden soll es im kommenden Jahr; ein genauer Zeitpunkt lässt sich wegen etwaiger Corona-Wellen nicht vorhersagen. Durch die Reisebeschränkungen musste im Sommer bereits ein Wien-Besuch des Künstlers verschoben werden, bei dem nötige kleinere Adaptierungen besprochen werden sollten.

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Der britische Künstler Marc Quinn ging mit seinem Entwurf aus dem künstlerischen Wettbewerb als Gewinner hervor. Ausgelobt hatten ihn die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und trans Lebensweisen (WASt) und der Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH (KÖR).

Eine 16-köpfige Jury unter dem Vorsitz von Hannes Sulzenbacher (Zentrum QWIEN) hat das Projekt des Briten, der u.a. für die Skulptur Alison Lapper Pregnant verantwortlich zeichnet, ausgewählt. Dem Wettbewerb ging ein grossangelegter Beteiligungsprozess und fachlicher Diskurs unter breiter Beteiligung der LGBTIQ-Community, Gedenk- und Kunst-Communities voraus. Der Jury gehörte u.a. auch Marty Huber (Türkis Rosa Lila Tipp) und Markus Steup (HOSI Wien) an.

Das Projekt wird von der Stadt Wien und dem Nationalfonds der Republik Österreich unterstützt und als Gesamtbudget stehen für den Wettbewerb und die Realisierung des Siegerentwurfs € 300.000 zur Verfügung

«Mit dem Denkmal schafft Marc Quinn einen ikonischen lieux de mémoire für diese Liebe, die nicht vergessen wird, sondern in der Erinnerung triumphiert», erklärte Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus.

Was noch aussteht in Österreich, ist die zu Unrecht verurteilten Homosexuellen zu rehabilitieren. Das fordert Yannick Shetty von den NEOS (MANNSCHAFT berichtete).

Wettbewerbsjury-Vorsitzender Hannes Sulzenbacher (Zentrum QWIEN), Antidiskriminierungs-Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Gemeinderat Peter Kraus am Standort des Denkmals für verfolgte Homosexuelle (Foto: PID/Kromus)
Wettbewerbsjury-Vorsitzender Hannes Sulzenbacher (Zentrum QWIEN), Antidiskriminierungs-Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Gemeinderat Peter Kraus am Standort des Denkmals für verfolgte Homosexuelle (Foto: PID/Kromus)

Auch die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien zeigt sich erfreut. Markus Steup erklärte: «Wir freuen uns sehr, dass endlich ein würdiges und vor allem permanentes Mahnmal errichtet wird, das an die schwulen, lesbischen und bisexuellen Opfer der NS-Terrorherrschaft erinnert. Damit wird eine jahrzehntelange Forderung der HOSI Wien und der LGBTIQ-Community erfüllt: ein von öffentlicher Seite errichtetes Mahnmal zum Gedenken der Opfer der NS-Homosexuellenverfolgung. Diese öffentliche Anerkennung ist besonders wichtig, denn gerade homosexuelle Opfer wurden auch nach Kriegsende noch jahrzehntelang totgeschwiegen, noch viel weniger entschädigt.»

Steup, Leiter des Antifaschistischen Komitees der HOSI Wien, erklärt weiter: «Die HOSI Wien und ihre österreichischen Schwesternvereine haben eine besondere Beziehung zum Gedenken, haben wir doch bereits 1984 die weltweit erste Gedenktafel für homosexuelle NS-Opfer, «Rosa Winkel», in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen anbringen lassen.»

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Ann-Sophie Otte, Obfrau der HOSI Wien, ergänzt: «Es ist ein wichtiges Zeichen, dass diese Anerkennung an einem so zentralen und repräsentativem Ort wie dem Resselpark umgesetzt werden wird, der auch nahe an vielen Institutionen der LGBTIQ-Community gelegen ist. Dass die Jury auch noch so einen geschmackvollen, gelungenen Entwurf prämiert hat, freut uns umso mehr.»

Auch Düsseldorf bekommt ein Denkmal zur Verfolgung und Emanzipation von Lesben, Schwulen und Trans: vier Bronzefiguren, die auf einem Sockel stehen und ihre Fäuste heldenhaft in den Himmel strecken (MANNSCHAFT berichtete).

Wo derzeit noch überall Denkmäler entstehen, die an die Verfolgung von LGBTIQ erinnern, und welchen Ansatz die Künstler verfolgen, steht in der Herbst-Ausgabe der MANNSCHAFT (hier geht’s zum Shop).

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