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Sieben Tipps für lesenswerte Manga mit queeren Figuren

Schwul, lesbisch, bisexuell und nicht-binär

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Symbolbild (Bild: Martjin Baudoin/unsplash)

Wer der Meinung ist, dass diese «bunte Comicwelt» aus Japan nichts für einen ist, der sollte noch einmal eine Runde mit seinem Klischeedenken drehen. Denn aus Japan stammen seit Jahrzehnten die tiefgründigsten gezeichneten Werke. Und vor allem: richtig queere!

Manga heissen die Comicbücher, die man traditionell von rechts nach links und oben nach unten liest. Anime ist die animierte Variante. Und in diesen Welten gab es schon Anfang der Achtziger erste von den Machern bestätigte queere Pärchen. Es gibt sogar ganze Genres, die sich jeweils um frauenliebende Frauen und männerliebende Männer drehen.

#Pretty Guardian Sailor Moon
Wer kennt sie nicht? Sie steht wie keine andere Figur symbolhaft für Japan: Die schöne Mädchenkriegerin mit den beiden blonden Zöpfen, kreiert von Naoko Takeuchi. «Sailor Moon» ist Feminismus pur, denn der weisse cis Mann ist einfach nur der Comic Relief und muss dauernd gerettet werden. Sailor Moons Botschaft ist eine von Liebe und Gerechtigkeit. Und das bedeutet: Love is love. Zwar unterscheiden sich Manga und Anime teilweise stark, was die Repräsentation der verschiedenen Buchstaben in LGBTIQ verändert, aber eines haben beide gemeinsam: Ein astreines lesbisches Pärchen. Haruka und Michiru wurden Anfang der Neunziger Jahre geschaffen und basieren auf der traditionellen Butch/Femme-Rollenverteilung. Im Manga adoptieren sie sogar ein Kind, zusammen mit ihrer Co-Mom Setsuna. Mehr chosen family geht nicht! Im Juni kommen zwei neue Animefilme in die japanischen Kinos (und hierzulande hoffentlich zu Netflix), bei denen die genderqueeren Starlights den Cast ergänzen. (Egmont Manga)

Sailor Moon
Pretty Guardian Sailor Moon (Bild: Naoko Takeuchi)

#Revue Starlight
Frauenliebende Frauen sind natürlich nicht nur länger eingeteilt in Butch und Femme. Für alle WLWs (women loving women) unter dem Regenbogen bietet «Revue Starlight» die richtige Identifikationsfigur. Von den überambitionierten und wunderschönen Maya und Claudine, bis zu Streberin Junna, Weirdo Nana oder dem Liebesdreieck aus Karen, Hikari und Mahiru ist für jede*n etwas dabei. Die jungen Frauen besuchen ein Institut, um die perfekte Musicalausbildung zu erhalten. Um die Hauptrolle kämpfen sie aber nicht nur im Unterricht – auch privat in einer Arena. Hier verwandeln sie sich in sogenannte Magical Girls – sie haben starke Kräfte, kämpfen mit Waffen.



Gengoroh Tagames Kampf um Sichtbarkeit: «Gay Erotic Art in Japan»


Es gibt auch die Referenz zum Klassiker des Magical-Girl-Genres, «Revolutionary Girl Utena». Dieser sei an dieser Stelle ebenfalls extrem empfohlen, wenn man Interesse an einem Manga überschüttet mit Symbolen und Hinweisen auf die Strukturen der japanischen Gesellschaft, Inzest, Vergewaltigung und der Zerstörung des Patriacharts hat. Aber zurück zu «Revue Starlight» – leider liegt der Manga nicht auf Deutsch oder Englisch vor, dafür gibt es englische Untertitel für die grandiosen Anime mit unfassbar gutem Soundtrack.

#Bis wir uns fanden
Die Welt der queeren Manga ist komplex. Es gibt Bara Manga, die von schwulen Männern für schwule Männer gezeichnet werden. Yaoi und Boys Love (beziehungsweise Shounen Ai) sind hauptsächlich auf ein weibliches Publikum abgestimmt und stammen auch von weiblichen Mangaka. Klingt verwirrend – ist es auch. Yaoi ist extrem beliebt in Japan – die weiblichen Fans nennen sich «Fujoshi» (verdorbene Mädchen). Bei Manga von frauenliebenden Frauen für frauenliebenden Frauen ist es ähnlich: Yuri ist ein winziges Genre. Das weniger authentische Girls Love (Shoujo Ai) stammt von Männern für Männer.


Darum hier eine Empfehlung aus der schwulen Community für die schwule Community: «Bis wir uns fanden – Japans erstes schwules Ehepaar» setzte die Biografie von Ryousuke Nanasaki als Manga um. Der LGBTIQ-Aktivist erzählt schonungslos aus seiner Kindheit, von Mobbing, der ersten Liebe und schliesslich dem steinigen Weg zum schwulen Ja-Wort. Dieses ist zwar in Japan bisher nur eine Eingetragene Lebenspartnerschaft, aber Menschen wie Ryousuke Nanasaki kämpfen tatkräftig für die Ehe für alle! (Carlsen Manga)


Kennst du schon unseren Gaysome Comic? 


#My Lesbian Experience with Loneliness
«My Lesbian Experience with Loneliness», der autobiografische Manga von Kabi Nagata, wurde inzwischen mit unzähligen Bänden fortgesetzt. Nicht nur künstlerisch gesehen sticht der Manga stark aus der Yurisammlung hervor. Es gibt lange nicht so viele Yuri- wie Yaoimanga und die meisten folgen einem Schema aus High-School-Geschichten (gut umgesetzt beispielsweise «Bloom Into You», schlecht bis toxisch umgesetzt «Citrus»). Die für ein tatsächlich lesbisches Publikum gehen zwar weiter und begleiten die Hauptfiguren am Arbeitsplatz, doch «My Lesbian Experience with Loneliness» behandelt Themen wie kein anderes Werk zuvor oder danach: Ängste, Depression, die Mühe mit der eigenen Mangakunst, der Druck des Elternhauses, Alkoholsucht, Angst vorm lesbischen Dating, der Besuch eines Love Hotels mit einer Prostituierten. Schonungslos berichtet Kabi Nagata aus ihrem Leben und nutzt dabei nur wenig Striche, dafür auch pinke Hintergründe. (Carlsen Manga)

My Lesbian Experience with Loneliness
My Lesbian Experience with Loneliness (Bild: Carlsen Manga)

#Wer bist du zur blauen Stunde?
Die vier Bände erschienen zwischen 2015 und 2018 und fungieren als wahrer Safespace für alle Teile der LGBTIQ-Community. Hauptfigur ist Tasuku Kaname, der in seinen Mitschüler verknallt ist. Als man an seiner Schule Schwulenporno auf seinem Handy finden, beginnen alle, Tasuku zu mobben. Die mysteriöse Frau Jemand rettet Tasuku vor dem Freitod – indem sie sich selbst von einem Hang stürzt. Tasuku möchte ihr zur Hilfe kommen, bekommt aber stattdessen welche von ihr: In ihrer Lounge sind Jung wie Alt versammelt – sie alle kennen Tasukus Verzweiflung. Sie helfen ihm wieder auf die Beine, in einer absolut mystischen, zauberhaften Atmosphäre. Mangaka Yuki Kamatani ist selbst x-gender, die japanische Variante von nicht-binär. (Carlsen Manga)

#Paradise Kiss
Von Ende der Neunziger bis Mitte der Nuller Jahre erschien eine Mangaserie, die die Leserschaft in die Welt der Mode entführt. Yukari wird wegen ihres modelhaften Aussehens Teil einer Clique an Modeschaffenden. Nicht nur Kreativität und Freundschaft sind wichtige Motive. Der extravagante George ist bisexuell und Yukari nicht abgeneigt, wären da nicht noch andere Freuden des Lebens als eine monogame Beziehung. Zum Beispiel bekommt er auch Avancen von Isabella Yamamoto, die Mutterfigur der Gruppe. Als trans Figur eroberte sie schnell die Herzen der Fans, die nach Repräsentation suchten, im Sturm. «Paradise Kiss» stammt aus der Feder von Ai Yazawa, die wiederum einen weiteren Kultmanga schuf: «Nana». Hier gibt es jede Menge Queerbaiting, aber auch Empowerment. (Nipponart GmbH)

Paradise Kiss
Paradise Kiss (Bild: Nipponart GmbH)

#Lycoris Recoil
Das Andeuten queerer Beziehungen ist in Japan sehr beliebt. Ganze Sportmanga basieren darauf, Frauen bei der Stange zu halten mit der Verheissung eines schwulen Pärchens. Bei frauenliebenden Frauen ist es eher nischig, die weiblichen Charaktere untereinander zu shippen und jedes Wort, jede Berührung zu analysieren. Umso erstaunlicher, dass der Animehit des letzten Sommers genau damit punkten konnte – lesbischem Queerbaiting. Und einem canon (also offiziell bestätigen) schwulen Paar! «Lycoris Recoil» ist einer der besten Yuriserie der letzten Zeit, ohne einer zu sein. Es gibt noch keine deutsche oder englische Übersetzung des Mangas, dafür kannst du die Serie auf Crunchyroll mit deutschen Untertiteln gucken. Sie hat einen Hauch von «Psycho Pass» – einer Serie mit einem bi und einem gay Girlie. Im Vordergrund steht das Bekämpfen des Bösen durch toughe Frauen – ganz ohne magische Kräfte.

Carlsen Manga startet 2019 mit «Der Mann meines Bruders» von Gengoroh Tagame eine LGBTIQ Manga-Reihe von insgesamt vier Bänden. Auch lesbische Titel sind geplant (MANNSCHAFT berichtete).


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