«Shwule Grüsse vom Balkan» (21) – Filzlaus foult Fussballprofi?

Es riecht nach grosser Klatschgeschichte

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Aleksandar aus unserer Kolumne «Shwule Grüsse vom Balkan» begleitet seinen Bruder zur HIV-Sprechstunde. Jascha riecht die Story seiner Karriere.

Was bisher geschah … 

Gleich am nächsten Tag begleitet Aleks seinen Bruder Alen zum Beratungstermin in die HIV-Sprechstunde. Doch dieses Mal wird ihm selbst nachgestellt: Jascha ist beiden gefolgt, ohne dass sie ihn bemerken. Aleks begrüsst seinen Bruder Alen vor der Wirtschaft zum Vorbahnhof in Zürich: «Warum bestellst du mich hierher?» «Der Checkpoint für deine HIV-Sprechstunde ist hier um die Ecke», umarmt ihn Aleks.

Drinnen angekommen setzen sich beide in den Warteraum. Aleks’ PrEP-Berater Jack betritt den Raum: «Schon wieder hier, Aleks?» «Ja, aber dieses Mal begleite ich meinen Bruder Alen. Er hat einen Termin bei euch», erklärt Aleks. Jack nickt erfreut und bittet Alen, mitzukommen. Er folgt Jack einen schmalen Gang entlang zum Behandlungszimmer. Auf dem Weg dorthin blickt ihm ein leicht bekleideter und lasziv dreinblickender Mann in die Augen, der, wie Jack vergnüglich bemerkt, leider auf ein Bild gebannt ist. Aleks, der beiden hinterhertrottet, schiebt witzelnd nach: «Mit diesem Kerl lasse ich mich gerne einen Tag lang in ein Zimmer sperren.»

Während sich die Tür des Behandlungsraums schliesst, sitzt Aleks’ Freund Jascha im St. Gallerhof gegenüber vom Checkpoint. Zufällig hat er Aleks und Alen vom Tram aus entdeckt, ist ausgestiegen und ihnen unbemerkt gefolgt. Was sie wohl im Checkpoint machen? Dass Aleks dorthin geht, weiss Jascha. Aber Alen? Das riecht nach einer Story für Jaschas Klatschspalte: Filzlaus foult angehenden Fussballprofi!

Unterdessen erzählt Alen Jack, wie er sich in einem Moskauer Stripclub bei einer Tänzerin mit HIV angesteckt hat. «Und drei Monate später hast du dich zweimal mit einem HIV-Selbsttest positiv getestet?», hakt Jack nach. Alen bejaht. «Hast du dich ärztlich untersuchen lassen?» Alen verneint. «Dann holen wir das nach, zusammen mit einem Full-HIV-/STI-Test. So wissen wir Bescheid und können umgehend mit der richtigen Behandlung starten», erläutert Jack das weitere Vorgehen und informiert eine Ärztin, die hinzukommt.

«Wie steht es um meine Fussballkarriere?», sorgt sich Alen. «Grundsätzlich stärkt der Sport das Immunsystem», beginnt die Ärztin, «ich kenne Menschen mit HIV, die mehrfach einen Marathon gelaufen sind.» Allerdings sei das bei jedem Menschen anders. Es gebe keine abschliessende Erfolgsgarantie. Ferner gelte es, die Testresultate abzuwarten und bei einem positiven Bescheid zu beobachten, wie die anschliessende Therapie anschlage.

«Aber seien Sie zuversichtlich! Sie sind fit, jung und sportlich – beste Voraussetzungen, um Ihre Karriere fortzuführen. Denken Sie an den Basketballer Magic Johnson: Trotz seiner HIV-Infektion holte er 1992 Gold bei den Olympischen Spielen in Barcelona. Wichtig wird eine enge Begleitung beim Training, bei der Regeneration sowie bei der Ernährung sein», verabschiedet sich die Ärztin nach Alens Untersuchung.

«Das heisst, ich muss alle im Team informieren: den Vorstand, Coach, Teamarzt, die Spieler … und irgendwann die Medien!», seufzt Alen und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Jack stimmt ihm zu, während er die Testproben für das Labor zusammenstellt: «Du wirst viel Mumm brauchen, um dich unangenehmen Blicken, Fragen und Sprüchen zu stellen. Du wirst aber auch ein Mitstreiter für alle sein, die wegen ihrer HIV-Infektion immer noch stigmatisiert sind.» Beim Abschied klopft ihm Jack auf die Schulter – halb ernst-, halb scherzhaft: «Das kommt gut. Und hör’ auf Aleks: Er hat die kroatische Konversionstherapie überlebt und ist somit krisenerprobt.» Aleks schliesst sich schmunzelnd an: «Wir stehen das zusammen durch!»

Draussen vor dem Checkpoint stupst Aleks Alen an: «Bock auf Burger?» Als Alen Ja sagt, freut sich Aleks wie ein Kind. Seit der Liaison mit Jascha isst Aleks fast nur vegan. Und weil ohnehin Eiszeit zwischen ihnen herrscht, ordert er mit Alen gleich einen doppelten Cheeseburger beim erstbesten Bahnhofsimbiss. Ohne zu ahnen, dass sie Jascha aus der Ferne beobachtet.

Kaum beglückt ein Geschmackserguss Aleks’ Gaumen, da vibriert es in seiner Hose. Schmatzend kramt er sein Smartphone hervor und nimmt den unbekannten Anruf entgegen. Als er Jaschas Stimme hört, stoppt der begehrliche Bissen seine Magenfahrt abrupt auf Brustbeinhöhe – gefolgt von einem Schmerz wie Hirnfrost, einfach auf Speiseröhrenart.

«Ich rufe dich von meinem Geschäftshandy aus an … Können wir uns treffen und unseren Streit beilegen?», fragt Jascha in einem reumütigen Ton. Alen kapiert schnell und lässt Aleks ziehen, damit er sich mit Jascha ausspricht. Dann passiert alles – ausser der Aussprache.

*Wir schreiben in dieser Kolumne «shwul» statt «schwul», um den Balkan-­Slang wiederzugeben. Weitere Hintergründe zur Kolumne «Shwule Grüsse aus dem Balkan» erfährst du im Interview mit dem Autor Predag Jurisic

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