Der deutsche Queeros-Gewinner 2023: Das Sub in München
Wir stellen das Schwule Kommunikations- und Kulturzentrum München e.V. vor
Das Sub München hat das Queeros-Voting in Deutschland für sich entschieden (MANNSCHAFT berichtete). Das schwule Zentrum wird für seine Arbeit und sein gesellschaftliches Engagement geehrt.
Zwischen Sendlinger Tor und Gärtnerplatz befindet sich das Münchner Schwulenzentrum in der Müllerstrasse 14. Gegründet wurde es 1986 als Dach für alle Schwulengruppen der Stadt. Heute heisst es neben schwulen auch bisexuelle Männer sowie trans Männer willkommen – auch deshalb hängt seit diesem Jahr ein neues Aussenschild über dem Eingang: «Sub – schwul-queeres Zentrum».
Mit 21,3 Prozent aller abgegebenen Stimmen gewinnt das Sub den Queero für Deutschland. Für Geschäftsführer Kai Kundrath ist die Wahl zum Queero 2023 «eine grosse Wertschätzung an das gesamte Team, insbesondere die knapp 200 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen», sagt er im Gespräch mit MANNSCHAFT. Seit 2012 engagiert sich der promovierte Soziologe, der auch Pädagogik und Wirtschaftspsychologie studierte, im Münchner Sub und ist mittlerweile seit sieben Jahren Geschäftsführer. Gemeinsam mit 14 hauptamtlichen Mitarbeiter*innen und drei Vorstandsmitglieder aus dem Ehrenamtsbereich leitet er die Geschicke des Vereins. Das Herzstück des Vereins bilden allerdings die über 180 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die gemeinsam mit den Sub-Team Angebote und Veranstaltungen organisieren und durchführen.
Mit seinem Café, dem Kulturzentrum und dem breiten Beratungsangebot bietet der Verein für verschiedenste Bedürfnisse queerer Menschen aus München und Umgebung Anlauf. Als Beratungsstelle weist es vielfältige Unterstützungsleisten für unterschiedliche Bedürfnis- und Lebenslagen queerer Menschen aus: Sei es in der psychosozialen Beratung, der Beratung am Abend, der Geflüchtetenberatung oder der Chemsex-Beratung. Darüber hinaus gibt es mit «Strong!» eine Fachstelle für alle queeren Menschen, die Gewalt oder Diskriminierung erlebt haben – und das bayernweit. Ausserdem werden es Präventions- und Testmöglichkeiten im Hinblick auf sexuell übertragbare Krankheiten, Fortbildungen, Leben und Coaching und die Männerakademie und die Queerakademie angeboten. Abgerundet wird das Tableau mit Gruppenangeboten – seien es themenspezifische Selbsthilfegruppen, Freizeitgruppen oder Gruppen aus der LGBTIQ-Gemeinschaft.
Zudem hält das Sub mit seinem täglich geöffneten Café und der Bibliothek mit über 1000 Büchern mit queeren Themen oder von Autor*innen mit Szenebezug unterschiedliche Begegnungsangebote bereit. Im Café führt das Sub auch eigene Kulturveranstaltungen durch wie Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Vorträge.
Wenn man für die Community aktiv wird, dann sollte man alle mitdenken. Das ist gerade für uns schwule Männer wichtig, weil wir die privilegierte Gruppe innerhalb der queeren Community sind.
Dass sich der Verein mit seinem Angebot längst nicht mehr nur an schwule Männer richtet und das auch nicht müde wird zu betonen, hält Kundrath für essenziell: «Wir wollen damit ein Signal nach draussen senden, dass wir für alle da sind und dass jede*r hier einen Raum finden kann“. Das spiegelt sich auch in dem gesellschaftlichen Engagement des Vereins in der queeren Szene Münchens wider: «Wenn man für die Community aktiv wird, dann sollte man alle mitdenken. Das ist gerade für uns schwule Männer wichtig, weil wir die privilegierte Gruppe innerhalb der queeren Community sind.»
Bei seinem Antritt als Geschäftsführer hatte sich Kundrath vorgenommen, auch inhaltlich neue Akzente zu setzen. Sieben Jahre später zählt er dabei die neu dazugekommene Fachstelle «Strong!“ und die ChemSex-Beratung auf. «Zudem verändert sich auch das Publikum, das zu uns kommt: Seit der Corona-Pandemie erleben wir insgesamt, dass eine ganz neue Generation der queeren Community nachkommt. Das ist schön zu sehen. Wir versuchen darauf auch mit neuen Angeboten zu reagieren: Beispielsweise haben wir neben der Männerakademie jetzt auch eine Queerakademie, wo es explizit um queere Themen geht.» Auch im hauptamtlichen Team gebe es immer mal wieder Veränderung: «Das ist eine Bereicherung, weil damit viele unterschiedlichen Perspektiven zusammenkommen.»
Als fester Bestandteil der Münchener queeren Szene gestaltet das Sub seit nunmehr 38 Jahren die Community seit ihren Anfängen aktiv mit. Es leistet wertvolle Vernetzungsarbeit und steht in ständigem Austausch mit seinen Kooperationspartnern. Als Mitausrichter des CSD München, als Ausrichter des Hans-Sachs-Strassenfestes und als Organisator des IDAHOBIT in München und Initiator einer Petition für einen queeren Aktionsplan in Bayern setzt es sich für die Bekämpfung alltäglicher Diskriminierung ein. Auch mit Münchens Partnerstadt Kyjiw pflegt es eine feste Kooperation in Angelegenheiten der queeren Community. Allgemein ist die Zusammenarbeit mit der Stadt München – im Vergleich zur Landesregierung – deutlich zugewandter und wertschätzender: «In München sind wir wirklich gut dran. Gerade was Förderungen für die queere Community angeht, sind wir gut aufgestellt. Aber man muss dazu immer wieder sagen: Damit ist München eher der Leuchtturm in ganz Bayern», ordnet Kundrath ein.
Was sich das Sub für die Zukunft wünscht? «Wir bräuchten noch mehr Räume für unsere Beratungsangebote. Daher wäre unser grösster Wunsch, dass wir uns irgendwann vergrössern können», sagt Kundrath. Voller Neugierde blickt er auf die kommende Zeit: „Dass sich die jüngere queere Generation insgesamt stärker als Community erlebt und sich nicht mehr nur als eigene schwule, lesbische, bisexuelle oder trans Gruppierung erlebt, ist anders als früher und macht Hoffnung, dass sich die Schubladen und Grenzen zunehmend auflösen und die Freiheit der Möglichkeiten allen gleichermassen offen steht.»
Wenn die Pharmaindustrie eine sexuelle Revolution einläutet: Müssen schwule Männer zu Langzeitpatienten werden, um ihre Sexualität ausleben zu können? Dieser Frage stellt sich der Fotograf Samuel Spreyz (MANNSCHAFT+).
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