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«Schluss mit Stigmatisierung»: Barbados legalisiert Homosexualität

Im Karibikstaat wurde eine Entscheidung mit Signalwirkung gefällt

Barbados
Symbolfoto: Alexandre Debieve / Unsplash

Nur wenige Tage nach Singapur hat am Montag dieser Woche auch Barbados gleichgeschlechtliche Aktivitäten entkriminalisiert und damit Homosexualität in der ehemaligen britischen Kolonie legalisiert.

Den Schritt und damit die Abkehr von Gesetzen, die ein Überbleibsel aus der Kolonialzeit waren, hatten zuvor bereits anderen Karibikstaaten gewagt, etwa die Föderation St. Kitts und Nevis (MANNSCHAFT berichtete) sowie der Commonwealth-Staat Antigua und Barbuda. Nun hat das Oberste Gericht von Barbados die Abschnitte 9 und 12 aus dem Sexualstrafrecht gestrichen.

Worum ging es dabei? Abschnitt 9 kriminalisierte bisher Analverkehr («buggery») und sah bei Verstössen bis zu lebenslange Haft vor. Abschnitt 12 wiederum stellte «ernste Unanständigkeit» («serious indecency») mit bis zu zehn Jahren Gefängnis unter Strafe.

Barbados
Die gelb-blaue Flagge von Barbados (Foto: Aboodi Vesakaran / Unpslash)

Beide Abschnitte wurden primär im Kontext mit gleichgeschlechtlichen Aktivitäten angewandt, auch dann, wenn es um einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen ging. Die jetzige Entscheidung, beide Abschnitte aus den Gesetzbüchern zu streichen, hatten die Anwält*innen von Eastern Caribbean Alliance for Diversity and Equality (ECADE) ins Rollen gebracht. Für den Sieg vor Gericht mitverantwortlich war laut Medienberichten auch die Organisation Human Dignity Trust, die seit 2015 der lokalen LGBTIQ-Community zur Seite stand.


Kommt auch ein neues Partnerschaftsgesetz?
Human Rights Watch erinnert daran, dass in der stark von der einstigen britischen Kolonialmacht geprägten Karibik auch die vorangegangenen Urteile des Obersten Gerichts in Belize 2016 sowie in Trinidad und Togo den Weg geebnet hätten, indem sie festgestellt hatten, dass es dem Grundrecht von Menschen widerspreche, einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sex zu kriminalisieren.

Die ECADE-Anwält*innen zeigten sich glücklich nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Barbados Anfang dieser Woche. Sie wiesen aber auch darauf hin, dass noch viel Arbeit vor ihnen läge, beispielsweise in Bezug auf ein neues Partnerschaftsgesetz (Stichwort: Ehe für alle).

Barbados
Blick auf einen Hafen in Barbados (Foto: Kathryn Maingot / Unsplash)

Zur Erinnerung: In Barbados gibt es seit längerem eine Debatte über die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren über ein entsprechendes Partnerschaftsgesetz. Allerdings regt sich gegen solche Pläne der Regierung Widerstand in der Öffentlichkeit. Laut Medienberichten sei eine Volksabstimmung über die vollständige Eheöffnung geplant. Ein Datum dafür ist noch nicht bekannt (MANNSCHAFT berichtete).


Diskriminierung überall «verhindern, bestrafen und abschaffen»
Nach der aktuellen Entscheidung in Barbados gibt es nun «nur» noch sechs Länder in Zentral- und Südamerika, die gleichgeschlechtliche Handlungen unter Strafe stellen. Human Rights Watch hofft, dass das Urteil in Barbados auch für Dominica, Grenada, die Kooperative Republik Guyana, Jamaika, Saint Lucia sowie St. Vincent und die Grenadinen Signalwirkung haben werde.


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Bereits im Dezember 2020 habe die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IAKMR) Jamaika aufgefordert, die entsprechenden Anti-LGBTIQ-Gesetze zu ändern. Auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat demnach alle Staaten in ihrem Verbund ermahnt, Diskriminierung auf Basis von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität «zu verhindern, zu bestrafen und abzuschaffen», heisst es auf der Webseite von HRW.

Die UN gratulierte Barbados über ihre Unterabteilung UNAIDS zu der Entscheidung, Homosexualität und gleichgeschlechtliche Handlungen zu entkriminalisieren. Sie mahnt, dass solche veralteten Gesetze das Stigma von LGBTIQ aufrechterhalten würden und dadurch LGBTIQ-Menschen abhalte, sich in Gesundheitsfragen (wie HIV) medizinische Hilfe zu suchen, aus Angst vor Bestrafung oder Festnahme. UNAIDS schreibt: «Die Entkriminalisierung rettet und verändert Leben – und hilft, stärkere Gesellschaften aufzubauen.»

Eine neue Gruppe, die sich als «Nuller»-Schwule bezeichnet, hat Angst vor «unmännlichem Analsex» und distanziert sich öffentlich von vermeintlichen «schwulen Stereotypen» (MANNSCHAFT berichtete).


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