Russische LGBTIQ-Aktivistin erneut wegen «Homo-Propaganda» verurteilt
Yulja Tsvetkova hatte eine Zeichnung angefertigt, um ein schwules Elternpaar zu unterstützen
Die russische LGBTIQ-Aktivistin Yulia Tsvetkova soll eine Geldstrafe von 75.000 Rubel (etwa 940 Euro) zahlen. Ihr Vergehen: Sie stellte Zeichnungen von Regenbogenfamilien online. Das gilt in Russland als «Homo-Propaganda». Demnächst könnte sie noch zu sechs Jahren Straflager verurteilt werden.
Etwa 500 Menschen haben sich nach Angaben der Veranstalter*innen am Samstag an der ersten Marzahn Pride beteiligt. Die Parade queerer Aktivist*innen durch den Ost-Berliner Stadtteil Marzahn wollte bei der russischen Community dort für Vielfalt und Toleranz werben (MANNSCHAFT berichtete).
In Russland selber wäre eine solche Demo gar nicht erlaubt – wie so vieles unter Wladimir Putin verboten ist. So wurde gegen Yulia Tsvetkova ermittelt, weil sie eine Social-Media-Seite namens Vagina Monologues betrieb, die Menschen aufforderte, künstlerische Darstellungen von Vaginen zu teilen – um das Tabu zu bekämpfen. Demnächst steht sie deswegen vor Gericht. Wenn Tsvetkova wegen dieser Anschuldigungen verurteilt wird, drohen ihr sechs Jahre Straflager.
In St. Petersburg veranstalteten Aktivist*innen am Freitag nahe des Mariinsky-Theaters den Flashmob «Vulva Ballett» zur Unterstützung von Yulia Tsvetkova.
Vor einer Woche war sie bereits in einer anderen Sache verurteilt worden. Von einem Gericht in Komsomolsk am Amur wurde sie wegen der «Werbung für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen unter Minderjährigen» zu einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 940 Euro verurteilt. Sie hatte in sozialen Netzwerken eine Zeichnung von Regenbogenfamilien geteilt.
Tsvetkova hatte dem Gericht mitgeteilt, dass die Zeichnungen in einer Social-Media-Gruppe für Erwachsene veröffentlicht und mit 18+ gekennzeichnet waren. «Heute wurde ich für Beiträge über Diskriminierung und wie man sie bekämpft, bestraft», sagte die Aktivistin gegenüber Reuters. «Ich habe noch nie jemanden gesehen, der durch eine Zeichnung lächelnder Menschen verletzt wurde», so Tsvetkova vor Gericht.
Der russische Text auf der Zeichnung lautet «Familie ist da, wo Liebe ist. Unterstütze LGBTIQ-Familien». Yulja Tsvetkova hatte es gezeichnet, um ein schwules Paar zu unterstützen. Die Männer mussten mit ihren adoptierten Kindern aus Russland fliehen, nachdem es zur Zielscheibe der Behörden wurde (MANNSCHAFT berichtete).
Und Ende 2019 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Rubel (etwa 730 Euro) gegen sie verhängt, weil sie als Administratorin zweier Online-LGBTIQ-Plattformen tätig war. In der Begründung hiess es, dies sei «Werbung für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen zwischen Minderjährigen» – obwohl die Plattformen, wie im russischen Recht vorgeschrieben, mit dem Hinweis versehen waren, dass sie nur für Volljährige zugänglich sind.
YouTube sperrt schwulenfeindliches russisches Hetz-Video
Das letzte Jahr sei wirklich schwer gewesen, berichtete die Illustratorin vor ein paar Monaten. «Ein Krimineller, der sagt, er leite den «moralischen Dschihad» gegen LGBTIQ-Personen, zwang mich dazu, aus Sicherheitsgründen mein Jugendtheater zu schliessen.» Und dann habe sie erfahren, dass ihr Name auf einer homophoben Todesliste steht – genau wie der von Elena Grigoryeva, die in der Nähe ihrer Wohnung in St. Petersburg brutal ermordet wurde (MANNSCHAFT berichtete).
Amnesty International ruft dazu auf, Briefe an den Staatsanwalt von Komsomolsk am Amur zu schreiben, in denen er alle notwendigen Massnahmen ergreifen soll, um die strafrechtliche Verfolgung und Schikane gegen von Yulia Tsvetkova zu beenden.
Russlands Präsident Putin behauptet übrigens gerne, er habe gar nichts gegen Schwule und Lesben (MANNSCHAFT berichtete).
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