Ratzinger-Kritikerin: «Wie dreist oder wie verzweifelt»
Fälle von sexuellem Missbrauch wurden über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt
Die Autorin und Ratziger-Kritikerin Doris Reisinger hofft nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens auf eine andere Betrachtung des emeritierten Papstes Benedikt XVI.
«Der Hammer dieses Gutachtens ist: Wir wissen jetzt, dass Ratzinger bereit ist, öffentlich zu lügen, um sich seiner Verantwortung zu entledigen», sagte Reisinger dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Freitag). «Wie dreist oder wie verzweifelt muss man sein, um so etwas zu tun?»
Reisinger hat gemeinsam mit dem Filmemacher Christoph Röhl das Buch «Nur die Wahrheit rettet» über die Rolle von Joseph Ratzinger, dem heute emeritierten Papst, im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche verfasst. Sie hoffe nun nach Benedikts Einlassungen in dem Gutachten auf ein Ende des «Mythos» vom Chefaufklärer. Dieser Ruf Ratzingers sei in weiten Kreisen bis heute ungebrochen.
Das vom Erzbistum München und Freising selbst in Auftrag gegebene Gutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt wurden (MANNSCHAFT berichtete). Es wirft den ehemaligen Erzbischöfen Friedrich Wetter und Ratzinger konkret und persönlich Fehlverhalten in mehreren Fällen vor. Ratzinger streitet jedes Fehlverhalten ab.
Auch dem aktuellen Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, wird Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen. Von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern sprechen die Gutachter, gehen aber von einem deutlich grösseren Dunkelfeld aus.
Reisinger forderte in der Zeitung juristische und politische Konsequenzen: «Werden Politik und Justiz die Samthandschuhe fallen lassen, mit denen sie die Kirche allzu lange angefasst haben?», sagte sie. «Die Zeit der Gutachten ist vorbei.»
Der Vatikan kündigte an, sich das Münchner Gutachten genau anschauen zu wollen. Man werde es einsehen und könne dann angemessen die Details prüfen, erklärte der Sprecher des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni.
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