«Player of Ibiza»: Comedy entgegen Rollenklischees und Homophobie
Zwischen Albernheit und tiefgründigen Themen
In deutschen Reality-Shows gehören sexistische Machos zum Inventar. Die Comedy-Impro «Player of Ibiza» persifliert die TV-Formate – und geht mit einer angenehmen Leichtigkeit gegen Rollenklischees und Homophobie vor.
Von Thomas Bremser, dpa
Mit den Impro-Comedys «Die Discounter» bei Prime Video und «Intimate» für Joyn hat die Hamburger Produktionsfirma Kleine Brüder um die Zwillinge Oskar und Emil Belton zwei Überraschungshits gelandet. Jetzt bringen die 25-Jährigen auch frischen Wind in die Öffentlich-Rechtlichen. «Player of Ibiza» ist eine Persiflage auf das Reality-TV-Personal der Privatsender und ist ab 10. Mai in der ARD-Mediathek abrufbar.
Fragile Männer, die mit sexistischen und homophoben Kommentaren verbal um sich schlagen, kennen Fans von Reality-Shows zur Genüge. Ob «Das Sommerhaus der Stars», «Love Island» oder «Promis unter Palmen» – die Rollenbilder der noch sehr jungen Kandidaten sind oft erschreckend altmodisch – auch das einiger Frauen übrigens.
Die fünf Folgen von «Player of Ibiza» zeigen nun die Dreharbeiten zur gleichnamigen, fiktiven Reality-Show, die normalerweise fünf Männer zeigt, wie sie «saufend und kotzend» um ein Date mit der «Queen» kämpfen. Doch in der zehnten Staffel des ausgelutschten Formats plant der Produzent etwas Zeitgeistiges (der Quote wegen): eine Feminismus-Edition.
Ohne es zu wissen, sollen die Teilnehmer etwas über Feminismus und toxische Männlichkeit lernen, anstatt sich um eine Frau zoffen. Es geht auch nicht nach Ibiza, sondern ins niedersächsische Buchholz.
Die fünf Männer, alle in den Zwanzigern, stellen überspitzt-klischeehafte Darstellungen diverser Männertypen dar: Anthony, der Playboy aus gutem Haus (Emil Belton), Fitness-Proll Tim (Bruno Alexander), der sexistische Rapper Marvin (Charles Booz Jakob), Computerspiel-Nerd Jeppe (Sammy Scheuritzel) und der (angeblich) gläubige Moslem Abdel (Arman Kashani). Sie müssen in der Show mehrere Tage zusammen in einem Haus leben, um Geld spielen und sich in Coaching-Sessions über Rollenbilder austauschen – was den einen oder anderen in ein echtes Gefühlschaos stürzt.
Das kreative Serienkonzept haben die Macher aus Hamburg schon vor zwei Jahren beim NDR-Talentförderprogramm «Nordlichter» eingereicht. «Mit ihrer ansteckenden Energie, ihrer Kreativität und ihrem Humor überzeugten Team und Projekt sofort», erklärt die Sendeanstalt. Beim Festival «Series Mania» im französischen Lille wurde «Player of Ibiza», das in weniger als zwei Wochen abgedreht wurde, im März bereits als «unerwartet vielschichtige» Impro-Comedy gefeiert.
Die Belton-Zwillinge, die zusammen mit Bruno Alexander Regie führten, haben nach eigenen Angaben die Erzählstruktur vorgegeben, die Dialoge seien weitgehend improvisiert. «Wir als Männer haben nicht wirklich die Aufgabe, Feminismus zu erklären. Erstmal hält man als Mann die Klappe. Darum haben wir uns der toxisch männlichen Seite gewidmet und uns als Männer kritisiert», erklärte Emil Belton im dpa-Interview. Für die weibliche Sichtweise sorgten deshalb unter anderem die Redakteurin, die für die Reality-Show verantwortlich ist, oder eine feministische Porno-Regisseurin. Auch die Idee für das Konzept stammt von einer Autorin.
Das Verhalten in Reality-Shows spiegele einen grossen Teil der Gesellschaft wider, sagte Oskar Belton. «Diese Rollenbilder gibt es noch genauso. Der Sexismus ist noch heftig präsent, so wie in den Kommentarspalten von Tiktok und Instagram. Das ist überhaupt nicht überholt.»
Die Serie erzählt von toxischer Männlichkeit mit einer Leichtigkeit und ohne erhobenen Zeigefinger, was die teils unreflektierten Charaktere – trotz ihrer Überspitztheit – realistischer wirken lässt. Ein Gag-Feuerwerk ist «Player of Ibiza» nicht, aber eine modern gedrehte Comedy zwischen Albernheit und tiefgründigen Themen.
Die Analog-Kamera ist Clifford Prince Kings Begleiterin auf der Suche nach Gleichgesinnten und nach Repräsentation. Auf seinen Bildern zeigen sich schwarze Männer zärtlich und verletzlich – eine Seite, die für den Fotografen allzu oft im Verborgenen bleibt (MANNSCHAFT+).
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