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Toxische Männlichkeit zum Abendessen im Drama «Familienfest»

Der deutsche Film läuft am 22. Juli auf Arte

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Harmonie geht anders: Die Protagonist*innen des Films «Familienfest». (Bild: UFA Fiction GmbH)

Am Geburtstagsfest des homophoben Familienoberhaupts Hannes Westhoff geht es ruppig zu und her: Der deutsche Film «Familienfest» ist eine bittere Abrechnung gedreht über Menschen, die sich eigentlich lieb haben sollten und sich das Leben unfassbar schwer machen.

Text: Klaus Braeuer, dpa

Hannes Westhoff (Günther Maria Halmer) wird 70 — und der gefeierte, aber grantige Pianist darf sich in seiner grosszügigen Berliner Villa mit einer anreisenden Familie herumplagen. Und das alles nur, weil seine grundgütige Gattin Anne (Michaela May) zu einer Art «Versöhnungsfest» eingeladen hat. Das ist die Ausgangslage des Psychodramas «Familienfest» am Freitag um 20:15 Uhr auf Arte.

Es erscheinen nach und nach: Der älteste Sohn Max (Lars Eidinger), der auf der Hinfahrt fast einen Unfall gebaut hätte. Im Krankenhaus flirtet der Journalist mit Schwester Jenny (Jördis Triebel) und überredet sie, ihn zu begleiten. Dann kommt der hoffnungslos verschuldete Geschäftsmann Gregor (Marc Hosemann) mit Freundin Charly (Nele Mueller-Stöfen). Der Jüngste, Frederik (Barnaby Metschurat), bringt seinen Lebensgefährten Vincent (Daniel Krauss) mit.


Die beiden schwulen Männer wollen ein Kind adoptieren – was der Papa missbilligend zur Kenntnis nimmt («Darf man sich da überhaupt Grossvater nennen?»). Und dann ist da noch Hannes‘ erste Frau und Mutter seiner drei Söhne, Renate (Hannelore Elsner), die eigens aus Paris einfliegt und sich alsbald gepflegt betrinkt.

Zu versöhnen gäbe es in der Tat so einiges. Doch zunächst schenkt man sich beim Rinderbraten nichts – man beschimpft sich als Versager, Klugscheisser oder «Pantoffeltierchen», und der schwule Sohn wird ohnehin nicht für voll genommen und ziemlich beleidigt. Doch der alte Mann will sich in seinem Haus weder belehren lassen noch entschuldigen: «Ich bin zu alt und zu wohlhabend dafür«, befindet er und isst allein in der Küche weiter.

Die restliche Runde zerfleischt sich munter weiter, das Essen wird jäh beendet, Max klimpert auf dem Flügel und offenbart später, dass er todkrank ist. Doch niemand will das zunächst hören oder gar wahrhaben – bis er schliesslich bei einer Ansprache zusammenbricht.


Autor Martin Rauhaus («Der Bankraub», «Die Eisläuferin») und Regisseur Lars Kraume («Terror – Ihr Urteil», «Dengler») haben eine bittere Abrechnung gedreht über Menschen, die sich eigentlich lieb haben sollten und sich das Leben unfassbar schwer machen. Und erst die tödliche Krankheit seines Ältesten lässt den Panzer des zynischen Egozentrikers langsam etwas zerbröseln, der von Halmer («Die Hochzeit meiner Eltern») in dem Film von 2014 gewohnt souverän gespielt wird.

Der Part der inzwischen gestorbenen Hannelore Elsner als gescheiterte Gattin und überforderte Mutter ist eher klein und undankbar. Die eigentliche Hauptrolle spielt grandios und berührend Lars Eidinger («Terror – Ihr Urteil»): Er ist am Übervater förmlich zerbrochen, der seinen drei Jungs («Ein Schlaumeier, ein Windei, ein Schwuler») früher auf die Finger schlug, wenn sie falsch gespielt haben.

«Wie alle anderen Filme zuvor habe ich auch ‹Familienfest› mit meiner Familie geguckt», sagte damals Kraume im ZDF-Interview. «Auch bei uns gibt es Tabus, Spannung und Streit. Deshalb glaube ich, dass dieser Film heilsam für alle ist, die kein perfektes Familienleben haben, was vermutlich sehr viele sind. Denn im Kern hat er eine einfache und klare Botschaft: Familie bedeutet Arbeit und für alle Beteiligten jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung, die es zu meistern gilt.»

Sein Ensemble aus acht hervorragenden Schauspieler*innen macht diesen Film auch zu einem Fest für das Publikum. «Happy Birthday, Arschloch» sagt der Alte irgendwann zu sich selbst. Doch da ist bereits alles vorbei, die späte Versöhnung nur ein Hauch voller Tränen.


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