Moskau: Serebrennikows umjubelter Film mit schwulem Kuss
«Petrows Grippe» ist frei ab 18
Der russische Regisseur Kirill Serebrennikow hat nach der Weltpremiere beim Filmfestival in Cannes nun in Moskau den Kinostart von «Petrov’s Flu» («Petrows Grippe») gefeiert.
«Der Film beginnt nun seine Reise zu einer unglaublichen Zahl an Leinwänden in der Welt», sagte der Kino- und Theatermacher bei der Premiere der deutschen Co-Produktion. An diesem Donnerstag läuft der in mehr als 30 Länder verkaufte Film um die an Grippe erkrankte und vom Fieberwahn geplagte Familie Petrow in rund 500 russischen Kinos an.
Der fast zweieinhalbstündige Streifen ist ein bewusst grotesk überdrehtes und zeitloses Kaleidoskop der russischen Gesellschaft. Er sei froh, dass er der Welt einen Film über das Leben in Russland und über die Phantasien der Menschen zeigen könne, sagte der 52-Jährige im Moskauer Künstler-Kino Chudoschewestwenny bei einer Gala mit russischen Filmstars, wo er zeitgleich seinen Geburtstag feierte.
Bei dem öffentlichen Auftritt am Dienstagabend umjubelten die Premierengäste Serebrennikow, der im vergangenen Jahr in einem umstrittenen und wohl politisch motivierten Gerichtsverfahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Auch der Film sei unter nicht einfachen Bedingungen entstanden – meist nachts, weil der Regisseur tagsüber oft vor Gericht stand wegen angeblicher Veruntreuung öffentlicher Gelder für Theaterprojekte, hieß es.
Serebrennikow, der lange Zeit im Hausarrest samt Arbeitsverbot gesessen hatte, bestritt die Anklage und beklagte fehlende Beweise (MANNSCHAFT berichtete). Weil er die Wirklichkeit oft schonungslos zeigt, macht sich der Oper- und Theatermacher immer wieder Feinde in der russischen Gesellschaft. Er wurde auch als Direktor des Avantgarde-Theaters Gogol-Zentrum entlassen. Inzwischen arbeite er an einer Vielzahl an Projekten, darunter auch neue Filme, sagte Serebrennikow.
Im Frühjahr hatte er an der Staatsoper Wien Richard Wagners Musikdrama «Parsifal» inszeniert – wegen Reisebeschränkungen via Zoom. In Moskau im Gogol-Zentrum ist gerade sein für das Deutsche Theater in Berlin inszeniertes Stück «Decamerone» zu sehen. Das Theaterstück, das sich um die Pest dreht, gewinnt wie auch «Petrov’s Flu» durch die Pandemie unerwartet an Aktualität. Er rief auf der Bühne dazu auf, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.
Serebrennikows teils in Schwarz-Weiss produzierter Film ist ein vielschichtiger Mix aus Drama, Fantasy und schwarzer Komödie. Weil es unter anderem auch nackte Männer und einen schwulen Kuss zu sehen gibt, ist der Streifen in Russland erst ab 18 Jahre freigegeben.
Im Frühjahr liessen Berichte aufhorchen, wonach russische Filmverleiher*innen das schwule Drama «Supernova» mit Colin Firth und Stanley Firth zensiert hatten (MANNSCHAFT berichtete).
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