Naomi Ackie als Whitney: «Manchmal musste ich mich kneifen»
Das Biopic über die bisexuelle Musiklegende kommt ins Heimkino
«I Wanna Dance With Somebody» ist das musikalische Biopic über die verstorbene Musiklegende Whitney Houston. Darin verkörpert Naomi Ackie die ikonische Sängerin, auf deren Leben und Musik der Film basiert. Wir sprachen mit ihr über die Rolle und welche Bedeutung Whitney in ihrem Leben hat.
Als Naomi Ackie im November 1992 im Londoner Stadtteil Walthamstow geboren wurde, war Whitney Houston nach drei Erfolgsalben und der Hauptrolle im Film «Bodyguard» längst einer der grössten Stars der Welt. Über zehn Jahre nach dem Tod der Sängerin schlüpft die Britin, die man bislang vor allem aus «Star Wars: Der Aufstieg Skwalkers» oder Serien wie «The End oft he F***king World» oder «Master of None» kennt, in deren Haut und verkörpert sie im Biopic «Whitney Houston: I Wanna Dance With Somebody», das nun auf DVD und Blu-ray sowie natürlich als VOD erhältlich ist.
Ms. Ackie, die erste Frage liegt bei einem Film wie «Whitney Houston: I Wanna Dance With Somebody» auf der Hand: waren Sie schon vor dem Film selbst ein Fan der Frau, die Sie nun verkörpern? Ja, zu 100%. Ihre Musik war Teil meines Lebens, seit ich denken kann; die Songs liefen bei uns zuhause schon als ich noch ein Baby war. Ich erinnere mich nicht daran, je bewusst die Texte zu ihren Liedern gelernt zu haben, und trotzdem konnte ich fast alle Hits auswendig mitsingen, so präsent waren sie mir. Bei anderen Popstars ist es so, dass ich ihre Musik mit ganz bestimmten Momenten oder Phasen in meinem Leben verbinde. Adele zum Beispiel. Aber Whitney war immer schon da und ist wirklich ganz eng verwoben mit meinem gesamten Leben.
Haben Sie Druck gespürt angesichts der Aufgabe, einen weltberühmten Superstar zu spielen? Wie hätte ich das nicht? Gar nicht nur, weil es sicherlich kaum jemanden gibt, der Whitney nicht kennt. Sondern vor allem, weil ich natürlich kein falsches Bild ihres Lebens zeichnen wollte, das womöglich ihre Familie und Freunde enttäuscht. Mir war es deswegen sehr wichtig, immer ihre Würde zu wahren. Selbst wenn es natürlich dazugehörte, neben den Höhen auch die Tiefen ihres zu zeigen.
Kamen Sie also irgendwann an den Punkt, wo Whitney für Sie nicht mehr dieses überlebensgrosse Idol, sondern letztlich eine Rolle wie jede andere war? Sagen wir mal so: Das kam und ging in Wellen. Der Druck und die Nervosität, die ich im Vorfeld spürte, verschwanden grösstenteils, sobald wir mit den Dreharbeiten begonnen hatten. Und Tage am Set sind ja für Schauspieler*innen meistens eher langsam und von vielen Pausen geprägt, deswegen konnte ich mich auch immer wieder sammeln und auf das Wesentliche besinnen. Aber es gab schon auch Tage, an denen ich plötzlich richtig aufgeregt war, wenn eine besonders anspruchsvolle Szene oder ein legendärer Auftritt anstand. Dann musste ich mich schon manchmal kneifen, weil ich es so unvorstellbar fand, dass ich jemanden wie Whitney Houston verkörpere.
Wie bereitet man sich auf eine solche Aufgabe eigentlich vor? Mir kam ein wenig der Lockdown zugute, denn dadurch hatte ich enorm viel Zeit und bin wirklich abgetaucht in meine Recherche. Ich habe alles gelesen, was ich über Whitney in die Finger bekam. Die beiden Bücher, die ihre Mutter Cissy und ihre Freundin Robyn Crawford geschrieben haben, fand ich besonders aufschlussreich. Und natürlich habe ich von Dokumentationen bis zu YouTube-Clips auch alles möglich geguckt. Acht Monate lang habe ich mich mit kaum etwas anderem beschäftigt.
Einige Familienmitglieder und Wegbegleiter waren auch in die Entstehung des Films eingebunden. Da haben Sie sich sicherlich auch persönlich ausgetauscht, oder? Whitneys Produzent Clive Davis und ihre Schwägerin Pat Houston sind als Executive Producer beteiligt gewesen und haben natürlich Einfluss darauf gehabt, was im Film erzählt wird. In meinen Gesprächen mit ihnen wollte ich aber vor allem wissen, was Whitney ihnen ganz persönlich bedeutet hat. Und wie es sich angefühlt hat, in ihrer Nähe zu sein. Daraus konnte ich dann Schlüsse ziehen für die Figur, in die ich schlüpfen musste. Denn oft ist es ja gar nicht so wichtig, was jemand sagt oder tut, sondern welches Gefühl sie vermittelt. Damit habe ich zu arbeiten versucht in der Darstellung der unterschiedlichen zwischenmenschlichen Beziehungen in Whitneys Leben.
Welche Begegnungen oder Erlebnisse in ihrem Leben haben Sie eigentlich am meisten berührt? Ihre Beziehung zu Robyn Crawford fand ich besonders berührend, im positiven Sinne. Diese enorm grosse Liebe, die zwischen ihnen herrschte, selbst als aus der Liebesbeziehung eine eher platonische Freundschaft wurde, muss etwas sehr Besonderes gewesen sein. Und nicht zuletzt für Whitney eine grosse Stütze. Was mich traurig gemacht hat und mir auch nicht im Detail bekannt war, war die bittere Wendung, die das Verhältnis zu ihrem Vater am Ende nahm. Der Bruch, zu dem es da kam, als ihr klar wurde, dass er womöglich oft mehr an sich selbst als an ihre Interessen gedacht hat, muss sie ziemlich schwer getroffen haben.
Gerade mit Blick auf ihre Eltern und Clive Davis, aber natürlich auch auf ihren Ehemann Bobby Brown wäre es ein leichtes, Whitney Houston als Spielball anderer Leute und auch als Opfer zu sehen. Empfinden Sie sie dennoch als starke Frau? Ja, das würde ich unbedingt sagen. In all meinen Recherchen hatte ich nie den Eindruck, dass sie schwach war oder sich ohne weiteres hat ausnutzen lassen. Wenn es um ihre Karriere ging, hatte sie grösstenteils die Zügel in der Hand, und auch in Interviews kam sie doch eigentlich immer sehr selbstbewusst herüber. Und man muss sich nur ihre Auftritte anschauen, wenn man ihre echte Power sehen will. Das heisst nicht, dass sie nicht auch Fehler gemacht und auf gewisse Dinge nicht genug geachtet hat. Aber ich glaube, sie war sehr klug und wusste genau, was sie will. Ganz zu schweigen davon, dass sie nie Zweifel daran hatte, welche aussergewöhnliche, übermenschliche Stimme sie besass.
Apropos: Sie singen im Film nichts selbst, sondern man hört Whitneys Originalaufnahmen. Mussten Sie sich mit den Songs trotzdem beschäftigen? Oh ja, ich hatte Gesangsunterricht und Stimmtraining und habe jeden Song, der im Film vorkommt, auch selbst gesungen und aufgenommen. Selbst wenn man davon zum Glück nichts hört, war das unerlässlich, denn ich musste für all die Gesangs- und Performanceszenen ja jede Atempause richtig setzen und jede Mimik und Gestik draufhaben. Das war alles andere als ein Kinderspiel. Aber wenn wir diese Momente dann gedreht haben, habe ich meistens doch gebeten, am Set ganz laut die Musik aufzudrehen, damit das Team idealerweise wirklich nur Whitneys Gesang und nicht mein dagegen doch sehr erbärmliches Gewimmer hört.
Ausverkauf einer Ikone – was von Whitney Houston bleibt. Sie wurde zum Symbol des grössten Aufstiegs und des tiefsten Sturzes. Die Jahrhundertsängerin starb vor zehn Jahren. Doch die Hallen füllt sie noch heute (MANNSCHAFT berichtete).
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