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Nach Pornografie-Vorwurf: Freispruch für russische LGBTIQ-Aktivistin

Ihr drohten drei Jahre Straflager

Julia Zwetkowa
16.07.2020, Julia Zwetkowa vor dem Komsomolsky Bezirksgericht (Foto: ---/Julia Zwetkowa/dpa)

Die russische Künstlerin Julia Zwetkowa ist nach eigenen Angaben von einem Gericht im Osten des Landes vom Vorwurf der Verbreitung von Pornografie freigesprochen worden.

«Ein seit drei Jahren dauernder Prozess ist mit einem Sieg der Verteidigung zuende gegangen», teilte die 29-Jährige am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zugleich schränkte sie ein: «Es ist klar, dass das noch nicht endgültig ist.» Die Staatsanwaltschaft habe zehn Tage Zeit, Berufung gegen das Urteil des Gerichts in Komsomolsk am Amur einzulegen. Die Anklage hatte drei Jahre und zwei Monate Straflager beantragt, weil die Künstlerin und Aktivistin weibliche Geschlechtsteile gemalt hatte (MANNSCHAFT berichtete).

Zwetkowa, die nach eigenen Angaben schon ihre Tasche für das Gefängnis dabei hatte, zeigte sich auf einem Foto mit ihrem Anwalt in der Grossstadt im fernen Osten Russlands. «Ein Super Team», schrieb sie dazu. Weitere Kommentare gebe es nicht, hiess es nach dem unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehaltenen Verfahren.

Maximal drohten der Feministin in dem von internationalen Menschenrechtsorganisationen als Justizwillkür kritisierten Strafverfahren bis zu sechs Jahre Haft. Die bekannte Aktivistin kassiert in Russland seit Jahren Geldstrafen, weil sie etwa gleichgeschlechtliche Paare mit Regenbogen-Motiven malt. Und sie erhält massenhaft Morddrohungen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur vor Prozessauftakt sagte.



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Ihre Zeichnungen sieht Zwetkowa – wie auch viele Kunstexperten, die auf Gemälde grosser Meister von nackten Frauen in den Museen der Welt verweisen – nicht als Pornografie. Die Aktivistin aus der Region Chabarowsk ist auch für ihren Einsatz für die LGBTIQ-Rechte landesweit bekannt.

Das ist schwer auszuhalten. Gedroht wird, uns zu erschiessen oder zu verbrennen.

Es gebe viel Hass gegen sie und ihre Mutter, hatte sie der dpa einmal gesagt. «Das ist schwer auszuhalten. Gedroht wird, uns zu erschiessen oder zu verbrennen.» Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und Amnesty International haben Julia Zwetkowa auf die Liste der politisch Verfolgten gesetzt.


Das Verfahren läuft bereits seit November 2019. Rund vier Monate hatte sie in Hausarrest verbringen müssen, bevor sie unter der Auflage, die Stadt nicht zu verlassen, aus der Wohnung gehen durfte. Zum Prozessauftakt im vergangenen Jahr hatte Zwetkowa sich auch zeitweilig in Hungerstreik begeben.


Pascal Kaiser

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