Moskauer Gericht bestätigt Hausarrest für schwulen Regisseur
Der offen schwule Regisseur Kirill Serebrennikow wurde im August in St. Petersburg beim Dreh seines Films „Leo“ verhaftet und nach Moskau gebracht. Dort wurde er dem Richter vorgeführt: Maskierte Männer führten Serebrennikow in Handschellen in den Gerichtssaal und steckten ihn in einen Käfig, wie einen Schwerverbrecher. Die russische Justiz beschuldigt den 47-Jährigen des schweren Betruges: Er soll umgerechnet rund eine Million Euro unterschlagen haben, im drohen bis zu zehn Jahre Haft. Vertraute des Regisseurs sprechen dagegen von einer „Hetzjagd“.
Am Montag nun entschied das Gericht: Es bleibt beim Hausarrest. Aber der Kremlkritiker darf spazieren gehen. Seine Wohnung im Zentrum der russischen Hauptstadt darf er täglich zwischen 18 und 20 Uhr für Spaziergänge verlassen, sagte der Regisseur laut Agentur Interfa: Seinen Stadtbezirk dürfe er aber nicht verlassen, und er habe auch ohnehin keine Möglichkeit zu flüchten oder sich zu verstecken.
Ballettinszenierung über Rudolf Nurejew im Bolschoi-Theater wurde abgesagt
Serebrennikow ist in der russischen Theaterszene ein Star, die politische Führung hat ihn schon länger auf dem Kieker. Im Juli wurde die Uraufführung seiner Ballettinszenierung über den legendären Tänzer Rudolf Nurejew im Moskauer Bolschoi-Theater abgesagt, kurz vor der Premiere. Das Stück „Nurejew“ sei noch nicht aufführungsreif, sagte Generaldirektor Wladimir Urin. Die Premiere werde auf 2018 verschoben. Serebrennikow erklärte im Juli, mit ihm sei dies nicht abgesprochen gewesen.
Das Werk über die schwule Ikone Nurejew, der im Alter von 54 Jahren an Aids starb, sollte auch Seiten seines Lebens zeigen, die in Russland gerne tabuisiert werden: seine Homosexualität. Vorsorglich hatte das Bolschoi die Aufführung erst ab 18 freigegeben. In Russland gilt seit vier Jahren das Gesetz gegen Homopropaganda (dieses Männerpaar sucht Schutz in Deutschland).
Kirill Serebrennikov ist auch außerhalb Russlands ein gefragter Mann. Seit Oktober 2016 läuft an der Komischen Oper in Berlin seine Inszenierung des „Barbier von Sevilla“. Was aus seiner Inszenierung von „Hänsel und Gretel“ an der Stuttgarter Oper wird, die am 22. Oktober Premiere feiern soll, ist unklar. Auch das Zürcher Opernhaus hat ihn für eine Mozart-Produktion im November 2018 engagiert.
Opfer eines politisch motivierten Rufmords
Eine Petion, die Freiheit für Serebrennikov verlangt, wurde von Thomas Ostermeier gestartet, dem Intendantender Schaubühne Berlin, zusammen mit dem preisgekrönten Autor Marius von Mayenburg. Der Hausarrest, der bis Prozessbeginn über den Regisseur verhängt wurde, bedeute „nichts anderes als Kontaktsperre, Vorverurteilung und Arbeitsverbot für einen der berühmtesten russischen Gegenwartskünstler“, heißt es in der Petition.
Viele Prominente haben sie bereits unterzeichnet, darunter Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper, ebenso wie die US-Schauspielerin Cate Blanchett, ihre deutsche Kollegin Nina Hoss, die Schriftstellerin Elfriede Jelinek sowie der Autor und Regisseur Falk Richter. Sie richtet sich an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wladimir Putin (der gerne immer wieder betont, dass Schwule in Russland nicht verfolgt würden): Die russische Staatsanwaltschaft soll die Strafverfolgung gegen Kirill Serebrennikov einstellen und die fadenscheinigen Vorwürfe gegen ihn fallen lassen. Die deutsche Regierung wird aufgefodert, „aufs Schärfste darauf zu drängen, dass Serebrennikov nicht als Opfer eines politisch motivierten Rufmords im Gefängnis landet“.
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