Mein Coming-out: «Mein Mann sagte: Gib zu, dass du auf Frauen stehst!»
Auch der Ex-Mann von Gabriella lebt jetzt offen homosexuell
Soll man sich heute noch outen müssen? In unserem Coming-out-Special antworten neun Menschen – dies ist die Geschichte von Gabriella aus Münchenbuchsee im Verwaltungskreis Bern-Mittelland.
«Ich bin 60 und war über 20 Jahre mit meinem Mann verheiratet. Vor zehn Jahren sagte er mir, dass er einen Freund habe und ich könne doch nun zugeben, dass ich auf Frauen stehen würde. Ich war perplex über diese Aussage.
Dazu auch unsere Umfrage der Woche:
Kurz darauf bot sich mir die Gelegenheit, drei Monate in der Wohnung einer Bekannten, die verreist war, zu wohnen. In dieser Zeit verliebte ich mich in eine Frau. Dies war der Anlass für mich, es allen zu erzählen – ausser der betroffenen Frau. Ich outete mich also, ohne dass es mir bewusst war.
Ich ging mit der Frau aus und wir schrieben einander häufig. Sie behandelte mich als Kollegin. Als ich ihr nach acht Wochen sagte, dass ich mich in sie verliebt hatte, antwortete sie: ‹Ich fühle mich gebauchpinselt, doch es ist nicht gegenseitig.›
In dieser Zeit kämpfte ich oft mit mir. Ich wusste nicht mehr, wer ich war. Während dieser Identitätskrise war ich oft unkonzentriert, auch im Geschäft unterliefen mir Fehler. Meine Freund*innen unterstützten mich während dieser Zeit stark.
Mein Ex-Mann ist ebenfalls verheiratet – mit einem Mann.
Nachdem ich mich auf einer Datingplattform angemeldet hatte, datete ich ein paar Frauen. Schon nach kurzer Zeit fiel mir eine hübsche Frau auf. Wir trafen uns. Nach nur einem Abend waren wir beide verliebt.
Drei Monate später zogen wir zusammen, nach zwei Jahren trugen wir unsere Partnerschaft ein und seit kurzem sind wir verheiratet. Mein Ex-Mann ist ebenfalls verheiratet – mit einem Mann.
Ich mache mir keinerlei Gedanken, wie ich auftreten soll. Ich bin ich und ich nehme kein Blatt vor den Mund. Wenn es die Situation ergibt, teile ich allen mit, dass ich mit einer Frau zusammenlebe. Bisher habe ich durchwegs gute Erfahrungen gemacht. Es kann schon sein, dass die eine oder andere Person sich wundert oder für sich denkt: ‹Mit dieser Lesbe möchte ich nichts mehr zu tun haben.› Doch wenn jemand so denkt, ist es kein Verlust, wenn diese Person sich nicht mehr mit mir abgibt.
Ich finde, ein Coming-out sollte natürlich sein. Junge Leute sollten, ohne zu überlegen, erzählen dürfen, in wen sie sich verliebt haben. In den Städten ist dies meiner Ansicht nach heute problemlos möglich, in ländlichen Gegenden kann es gut sein, dass man noch schräg angeschaut wird.
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