Razzien zu Mord an queerer Stadträtin – Ex-Polizeichef verhaftet
2018 wurde Marielle Franco in Rio getötet
Sechs Jahre sind nach dem Mord an der aufstrebenden brasilianischen Politikerin Marielle Franco vergangen, ohne dass die Hintergründe aufgeklärt wurden. Das könnte sich nun ändern.
Im Zusammenhang mit dem aufsehenerregenden Mord an der Stadträtin Marielle Franco in Rio de Janeiro sind zwei Politiker und ein früherer Polizeichef als mutmassliche Hintermänner verhaftet worden. Brasiliens Bundespolizei vollstreckte nach eigenen Angaben am Sonntag in Rio drei Haft- und zwölf Durchsuchungsbefehle im Zuge der Ermittlungen zur Ermordung Francos und ihres Fahrers sowie zum versuchten Mord an ihrer Assistentin am 14. März 2018.
Bei den drei Verhafteten handelte es sich um den damaligen Chef von Rios Zivilpolizei sowie einen Abgeordneten des Nationalkongresses und seinen Bruder, ein Mitglied des Rechnungshofes des Bundesstaates Rio de Janeiro. Das teilte Justizminister Ricardo Lewandowski bei einer Pressekonferenz mit. Die Ermittlungen der Polizei hätten ergeben, dass ein Streit um die kommerzielle Nutzung von Land ein Hauptmotiv gewesen sei, sagte er.
Franco war mit 38 Jahren in ihrem Auto erschossen worden. Sie galt als eine Hoffnungsträgerin der brasilianischen Linken. Als Stadträtin der Partei PSOL ab 2017 setzte sie sich für die Bewohner der Favelas, der Armenviertel von Rio, ein und sprach sich gegen Polizeigewalt aus. Die bisexuelle Afrobrasilianerin stammte selbst aus einer Favela.
Ein ehemaliger Polizist wurde als mutmasslicher Schütze verhaftet, kam bislang aber nicht vor Gericht. Über eine Verwicklung der mächtigen Milizen Rios, die sich aus aktiven und ehemaligen Polizisten rekrutieren, wurde spekuliert. Ermittelt wurde nach Angaben der Polizei vom Sonntag auch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Behinderung der Justiz.
Francos Schwester Anielle war im vergangenen Jahr Ministerin für die Gleichstellung ethnischer Gruppen in der Regierung des linken Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva geworden. «Heute ist ein historischer Tag für die brasilianische Demokratie», heisst es in einer Mitteilung der Familie, die Anielle Franco am Sonntag auf der Plattform X veröffentlichte. Die Verhaftung der mutmasslichen Auftraggeber des Mordes sei ein wichtiger Schritt auf der Suche nach Gerechtigkeit.
In der ursprünglichen Version des Textes hiess es, Franco sei lesbisch. Wir haben das korrigiert.
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