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LSVD warnt: Schwulem Pakistaner droht die Abschiebung

Leider kein Einzelfall

Rainbow Refugees Mainz
Symbolbild: AdobeStock

Der Fall zeige laut LSVD beispielhaft auf, wie das BAMF weiterhin gegen höchstrichterliche Asylrechtsprechung zum «Diskretionsgebot» verstosse.

Mit Bescheid vom 08.02.2022 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag eines schwulen Pakistaners aufgrund formeller Gründe als unzulässig ab. Bei der gleichzeitig durchgeführten Prüfung der Abschiebehindernisse kommt das BAMF in seiner Verhaltensprognose zu dem Schluss, dass dem Mann in Pakistan nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Gefahr vor Verfolgung drohe. Da er in Pakistan «seine Neigungen immer versteckt» habe und auch hier in Deutschland «weiter Angst habe» und sie daher verberge, zählt er laut BAMF «nicht zu dem Kreis der homosexuellen Männer, denen es ein inneres Bedürfnis ist, ihre Homosexualität auch öffentlich auszuleben.»

Dazu erklärt Patrick Dörr, Mitglied im Bundesvorstand des LSVD: «Der Fall des schwulen Pakistani ist kein Einzelfall.» Er stehe vielmehr beispielhaft dafür, wie das BAMF seit Jahren aufgrund interner, europarechtswidriger Leitlinien die Asylanträge queerer Geflüchteter sogar aus den schlimmsten Verfolgerstaaten wie beispielsweise Iran und Pakistan ablehne. Mit der dem Bescheid zugrundeliegenden Verhaltensprognose werde erneut die höchstrichterliche Rechtsprechung des EuGH ignoriert, wonach nicht erwartet werden könne, dass Antragstellende ihre sexuelle Orientierung geheim halten oder Zurückhaltung beim Ausleben üben.

Wegen diesem und zahlreicher ähnlicher Fälle fordert der Lesben- und Schwulenverband  Innenministerin Faeser (SPD) dazu auf, der menschenverachtenden Bescheidungspraxis und den unsäglichen «Diskretionsprognosen» bei queeren Geflüchteten endlich ein Ende zu bereiten.


Dem LSVD lägen neben diesem Pakistan-Fall viele weitere Ablehnungsbescheide vor, in denen queeren Personen der Schutz verweigert und stattdessen ein lebenslanges und lebensgefährliches Doppelleben im Herkunftsland zugemutet werde. Da diese Praxis auch nach unserem Gespräch mit der BAMF-Leitung vom Oktober 2021 andauert, muss die Bundesregierung endlich eingreifen. Sie hat im Koalitionsvertrag versprochen, die Asylverfahren queerer Verfolgter zu überprüfen. Die unsäglichen Diskretionsprognosen zur Beurteilung der Verfolgungsgefahr bei queeren Geflüchteten müssen endlich abgeschafft werden.

In dem genannten Fall führt die BAMF-Entscheiderin sogar aus, dass ein öffentliches Leben als schwuler Mann in Pakistan gefährlich ist. Im Verfolgerstaat Pakistan kann Homosexualität mit der Todesstrafe geahndet werden. Die eigentliche Unverschämtheit des Bescheids besteht in der zentralen Begründung der Entscheiderin, die sogar Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung ist. Aus ihrer Sicht sei es dem Mann kein inneres Bedürfnis, seine Homosexualität öffentlich auszuleben. Dies begründet sie damit, dass er seine Homosexualität aus Angst auch in Deutschland verbirgt.

Einem schwulen Mann den Wunsch nach einem offenen Umgang mit seiner Homosexualität abzusprechen, weil er – während in einer Flüchtlingssammelunterkunft wohnt und noch nicht weiss, ob er nicht bald nach Pakistan abgeschoben wird – geheim lebt, widerspreche dabei nicht nur jedem gesunden Menschenverstand, sondern selbst den eigenen europarechtswidrigen aber weiterhin geltenden internen Vorgaben des BAMF. Dem Mann drohe laut LVSD nun die Abschiebung.


Die BAMF-Entscheiderin sehe auf Basis vollkommen selektiv ausgewählter Informationsquellen lediglich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung wegen Homosexualität. «Sie blendet zudem dabei vollkommen aus, dass – sollte es tatsächlich relativ wenige Verhaftungen und Verurteilungen geben – dies wohl vor allem daran liegt, dass die meisten queeren Menschen in Pakistan aus Angst vor Gewalt und Diskriminierung ein Leben im Geheimen leben. Weiter verweist die Entscheiderin auf die Möglichkeit, dass der schwule Mann doch in einer pakistanischen Grossstadt Schutz suchen könne.» Wie er sich auch dort vor der alltäglichen Gefahr staatlicher und nichtstaatlicher Gewalt schützen solle, bleibe dabei wie in so vielen queeren Asylfällen unbeantwortet, so der LSVD.


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