Ukraine: Präsident Selenskyj stellt sich vor LGBTIQ
Während einer Pressekonferenz in Kiew widersprach Wolodymyr Selenskyj der homophoben Hassrede eines Zwischenrufers
Mit einem für osteuropäische Staatschefs aussergewöhnlichen LGBTIQ-Plädoyer widersetzt sich der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (41) einem homophoben Hassredner und wirbt für mehr Toleranz in seinem Land.
Der Vorfall ereignete sich in Kiew im Rahmen einer 14-Stunden-Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag, als Selenskyj die Fragen von 300 Journalisten beantwortete, u. a. zum umstrittenen Telefonat mit Donald Trump.
Während der Marathonveranstaltung wurde Selenskyj plötzlich unterbrochen von einem aufgebrachten Zwischenrufer, der ein Kreuz um den Hals trug und schrie: «Warum haben Sie den Bischöfen und uns allen nicht geantwortet, ob Sie das George-Soros-Programm des ‹Kommittees der 300› stoppen werden, das die Perversion von Homosexualität verbreitet?»
Zur Erinnerung: George Soros ist ein US-amerikanischer Philanthrop, der sein Vermögen einsetzt, um Bürgerrechtsorganisationen und politische Aktivisten zu unterstützen. Das sogenannte «Komitee der 300» meint eine populäre Verschwörungstheorie, der zufolge eine geheime Gruppe hinter dem Welthandel, Bankenwesen, der Politik und den Medien stecke, neben anderen Dingen.
Der Zwischenrufer fragte weiter: «Werden Sie die Legalisierung von Prostitution und Abtreibung verhindern? Oder werden Sie den Kurs von [Ex-Präsident Petro] Poroschenko fortsetzen, dem Speichellecker von Soros und Anwalt des Komitees der 300?»
Auf die Antwort Selenskyjs wurden westliche Medien aufmerksam, nachdem der Journalist Maksym Eristavi den verbalen Schlagabtausch als Film-Clip auf Twitter teilte und ihn später mit englischen Untertiteln unterlegte. Demnach lautete die Antwort des ukrainischen Präsidenten: «Ich kenne Herrn Soros nicht, ich bin nicht sein Speichellecker und kann deshalb auch seine Ziele nicht weiterverfolgen, weil ich damit nichts zu tun habe.»
Weiter heisst es: «Ich bin nicht mit der Legalisierung von Prostitution beschäftigt, die in diesem Land nicht existiert. Alles, was in diesem Land legalisiert werden soll, kann nur über ukrainisches Recht geschehen, dessen mögliche Änderung als Gesetz verabschiedet werden muss vom ukrainischen Parlament.»
Lasst sie endlich in Ruhe! Bezüglich des Angriffs auf die LGBTIQ-Bevölkerung in der Ukraine reagierte Selenskyj regelrecht irritiert: «Was LGBTIQ angeht, so möchte ich nichts Negatives sagen, weil wir alle in einer offenen Gesellschaft leben, wo jeder von uns selbst wählen kann, welcher Sprache er sprechen will, zu welcher ethnischen Gruppe er gehören möchte und welche [sexuelle] Orientierung [er bevorzugt].» Über letztere Gruppe sagte Selenskyj: «Lasst sie endlich in Ruhe, um Himmels Willen!» (In der Eristavi-Übersetzung heisst die Passage: «Leave those finally at peace, for God’s sake!»)
Diese sehr deutlichen Worte des Präsidenten gegen Homophobie sind eine bemerkenswerte Ausnahme in einer Region, in der eine allgemeine Anti-LGBTIQ-Stimmung derzeit rasant zunimmt. Im direkten Nachbarland Polen hat am Wochenende die ultra-nationalistische PiS-Partei mit einem gezielt vor der «LGBTIQ-Gefahr» warnenden Wahlkampf einen triumphalen Sieg eingefahren (MANNSCHAFT berichtete). In Russland, dem ukrainischen Nachbarland im Osten, lebt die LGBTIQ-Community u. a. in Angst vor einer Website, die User auffordert, Homosexuelle wie in den Splatter-Filmen «Saw» (dt. Säge) zu jagen und zu foltern (MANNSCHAFT berichtete). Von den tschetschenischen «Reinigungsmassnahmen» ganz zu schweigen.
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