Keine Regenbogenbänke, um die «graue polnische Realität» aufzuhellen
Zum Fest der Liebe haben Vandalen im südostpolnischen Kielce ein Bürger*innenprojekt mit Regenbogenbänken zerstört und mit «Fick LGBT»-Sprüchen beschmiert
Die Regenbogensitzbänke in der Stadt Kielce (knapp 200.000 Einwohner*innen) im Südosten Polens wurden mit F***-LGBTIQ-Sprüchen beschmiert, nachdem es bereits zuvor massive Proteste gegen dieses «bunte» Bürger*innenprojekt gegeben hatte. Stadträtin Agata Wojda teilte entsprechende Fotos auf Facebook und kommentierte den Vorfall zu Weihnachten.
Insgesamt 15 Bänke sollten in diesem Jahr in Kielce aufgestellt werden, finanziert über ein staatliches Sonderbudget, das mehr Bürger*innenteilhabe fördern und Menschen die Chance geben wollte, in ihrer Stadt eigene Projekte zu initiieren.
Allerdings hatte die Regenbogenfarbgebung der Kielcer Bänke – die laut Organisator*innen «allen Bürger*innen gewidmet» sein sollten – von Anfang an für massiven Protest gesorgt, der nun zu Weihnachten in eine Schmiererei- und Zerstörungsorgie mündete. (MANNSCHAFT berichtete über die aktuelle LGBTIQ-Lage in Polen.)
Eine der Bänke wurde überstrichen in den Farben Rot und Gold des lokalen Fussballvereins, Corona Kielce, darauf wurden dann die Initialen «CK» gemalt. Bei anderen Bänken wurden die Rückenteile abgeschlagen. Wieder andere wurden mit Spruch-Kaskaden überzogen.
Auf einer solchen Bank-mit-Sprüchen konnte man lesen: «Fick LGBT», direkt daneben aber auch «Fick PiS» (die derzeitige konservative Regierung in Polen), «Fick die Polizei» usw.
Hooligansrennen der Zerstörung Stadträtin Agata Wojda postete Bilder der beschmierten Bänke auf Facebook und schrieb dazu (laut deutscher FB-Übersetzung): «Das Hooligansrennen der Zerstörung von bunten Bänken läuft schon seit einigen Tagen.» Sie fügte hinzu: «[Die] Investitionen wurden aus dem Bürgerbudget getätigt. Sie wurden aus öffentlichen Geldern gemacht, Kielczanka und Kielcy haben beide gewählt. Noch entsetzlicher ist es, dass jemand die Dreistigkeit hat, die Hand [gegen etwas] zu heben, [das] durch sozialen Konsens geschaffen wurden.»
Allerdings hatte der «soziale Konsens» bereits im Mai 2020 einen empfindlichen Dämpfer hinnehmen müssen, als die PiS-Regierung bzgl. des Bürger*innenteilhabesonderbudgets eine Ergänzung eingeführt hatte: demnach müssen alle Projekt, die von dem Budget profitieren wollen, «in Einklang mit den Regeln eines sozialen Miteinanders und ideologisch neutral sein», womit besonders LGBTIQ-Projekte automatisch herausfallen, laut PiS-Lesart zumindest.
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Wenig verwunderlich hatte Kamil Suchański als Vorsitzender des Stadtrats schon vorab auf Twitter geklagt, dass die Regenbogenbänke gegen solche Maximen verstiessen, weil sie nicht «neutral im Sinn einer Weltanschauung» seien.
Von ziviler Reife weit entfernt War da die Vandalisierung und Zerstörung der Bänke nur der logische nächste Schritt? Der nun zu Weihnachten, dem Fest der Nächstenliebe, seinen Höhepunkt erreichte? Wojda sei «so traurig», denn ihr mache der Vorgang klar, wie weit entfernt ihr Land von einer «zivilen Reife» sei und von «Respekt füreinander», der dazu führen könnte, dass die Bürger*innen von Kielce verstehen, dass dies ein «Gemeinschaftsprojekt» für alle war. Aber offensichtlich wollten nicht alle Teil davon sein.
Wojda fügt deshalb kritisch hinzu: «Und ihr, die ihr nicht zerstört, sondern es gleichgültig betrachtet, sucht Ausreden für Vandalen.» Mehr noch: Mit «Schlagt sie»- und «Bravo»-Kommentaren in sozialen Netzwerken würde «überhaupt nicht» geholfen werden!
Phobien freien Lauf lassen Im Januar 2020, als die Bänke zuerst installiert worden waren, hatten die Organisator*innen in Kielce noch optimistisch geäussert: «Wir hoffen, dass andere Städte in Polen unserem Beispiel folgen werden und ebenfalls anfangen, die graue polnische Realität mit Regenbogenbänken bunter zu machen.»
Vorerst wird es also in Polen «grau» bleiben, daran kann auch die Festtagsbeleuchtung nichts ändern.
«Negative Trends gegen LGBTIQ in Polen umkehren!»
Ein «paar Biere» reichen laut Wojda, um eine «Steckdose für Emotionen» zu bieten, mit denen Bürger*innen ihren «Phobien» freien Lauf lassen und sich das Recht herausnehmen, öffentliches Eigentum zu zerstören.
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