Kassel: «Alte Meister que(e)r gelesen»
Die Sonderausstellung will neue Blicke auf bekannte Sammlungsstücke eröffnen
Die Sammlung Alter Meister im Schloss Wilhelmshöhe ist weltberühmt und für viele ein Grund, nach Kassel zu reisen. Aber als LGBTIQ-Magnet galt die Sammlung bislang nicht. Das soll sich jetzt ändern.
«Pride Season bei den Alten Meistern?», fragt das Museum in einer Pressemitteilung. Und erklärt: «Der kommende Winter wird im Schloss Wilhelmshöhe in Kassel im Zeichen des Regenbogens stehen.»
Seit 15. Dezember werden «neue Blicke auf wohlbekannte Sammlungsstücke» und «einige unbekanntere Schätze» geboten, heisst es. Und zwar in der Sonderausstellung «Alte Meister que(e)r gelesen».
Die spiele schon im Titel damit neue Ansätze und Methoden, so die Pressemitteilung, wenngleich «in einer bewusst offenen Weise». Bezugspunkt stelle in der Ausstellungskonzeption der «fluide Charakter» des Begriffs queer dar, der Raum schaffe für Kommunikation und Aushandlung über Objekte und deren Deutungsgeschichten.
Porträt einer bärtigen Schweizerin «Wie verstehen wir heute mythologische Erzählungen aus der Antike rund um Zweigeschlechtlichkeit», fragt das Museum: «Oder was hat es mit dem Porträt einer bärtigen Schweizerin aus den Sammlungen der hessischen Landgrafen auf sich?»
Die Idee der Ausstellung sei durch eine «offene Konzeption» sowie eine «expressive Gestaltung und die aktive Einbindung der Besucher*innen» den Blick auf die Sammlungsbestände zu erweitern.
Aktuelle Thematiken und die Mehrdeutigkeit der Bildsprache stünden sich dabei nicht konträr, sondern dialogisch gegenüber. So würden historische Kontexte transportiert und Aneignungsgeschichten queerer Bewegungen erzählt., wie z.B. des heiligen Sebastians als Ikone der Schwulenbewegung oder der Amazone als Streiterin des lesbisch-feministischen Empowerments.
«Der zweite Blick» Eine Auswahl sehr unterschiedlicher Objekte von der Antike bis ca.1800 solle in bewusst offener Perspektive sowohl Bildthemen jenseits der Norm als auch das Potenzial konventioneller Motive in Bezug auf queere Lesarten hinterfragen, schreibt das Museum.
Einen ähnlichen Ansatz hatte bereits das Bode Museum in Berlin mit der Ausstellung «Der zweite Blick: Spielarten der Liebe» verfolgt und dabei explizit auf queere Bedeutungsebenen von einzelnen Exponaten in der Dauerausstellung hingewiesen (MANNSCHAT berichtete).
Die Sonderausstellung in Kassel ist bis zum 24. März 2024 zu sehen. Sie wird gefördert durch die Peter und Irene Ludwig Stiftung. Ausserdem nimmt das Projekt am Förderprogramm «MitbeStimmungsorte» der Kulturstiftung der Länder teil, das mit Werkstätten und Beratungsangeboten Museen bei ihren Transformationsprozessen hin zu mehr Diversität und Partizipation unterstützt.
Zur Ausstellung ist ein 192-seitiger Katalog beim Michael Imhof Verlag erschienen für 24,95 Euro.
Weitere Informationen finden sich hier.
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