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«Selbst der linksliberale Schwule will sicher in der U-Bahn sitzen können»

Jens Spahn will Verantwortung in der CDU übernehmen

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Jens Spahn (Foto: Marcel Kusch/dpa)

Mit überraschend viel Selbstkritik nimmt Armin Laschet der kritischen Jungen Union den Wind für ein gnadenloses Scherbengericht aus den Segeln. Andere werfen sich schon als neue Hoffnungsträger der CDU in Positur. Jens Spahn zum Beispiel.

Schonungslose Abrechnung, trauriger Abschied und schon so etwas wie Bewerbung für den Neuanfang – der Deutschlandtag der Jungen Union (JU) ist am Wochenende ein Wechselbad der Gefühle. So niedergeschlagen, teilweise richtig angerührt sah man Armin Laschet, der als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen eher als rheinische Frohnatur bekannt ist, selten. Als der gescheiterte Kanzlerkandidat am Samstagmorgen in Münster vor die über 300 Delegierten tritt, nimmt der 60-Jährige dem Parteinachwuchs, der zur Aufarbeitung des Debakels bei der Bundestagswahl angetreten ist, mit einer überraschend offenen, selbstkritischen Rede viel Wind aus den Segeln.

«Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand», sagt der scheidende Parteichef über das historisch schlechteste Unionsergebnis bei einer Bundestagswahl. Zu dem Zeitpunkt kursiert bereits eine Beschlussvorlage des Bundesvorstands zu «Analyse und Konsequenzen», das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt.

Zwei der möglichen Nachfolgekandidaten für den CDU-Bundesvorsitz, Jens Spahn und Carsten Linnemann, richten den Blick vor dem politischen Nachwuchs gezielt nach vorn. Spahn dekliniert mit viel Emphase «Leitsätze» durch – «wenn man nachts wach gemacht wird und sagen soll: wofür steht die CDU?». Der 41-Jährige hinterfragt das bürgerliche Verständnis von Leistungsgesellschaft und wie Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen partizipieren können vom wachsenden Wohlstand von Menschen mit «leistungslosem Einkommen und Vermögen».


Der 41-Jährige präsentiert sich als schneidiger Erneuerer, Die Zeit resümiert: In seiner Rede bringt  sich Spahn für den Parteivorsitz in Stellung. Er wird sehr persönlich, spricht über das neue Verständnis von Familie, über Homosexualität und seinen Ehemann. Er erzählt, dass er in die Politik gegangen sei, weil er Verantwortung übernehmen wollte. Dazu bekenne er sich weiter, obwohl er mehr als einmal als «Volksverräter» und «schwule Sau» beschimpft worden sei (MANNSCHAFT berichtete).

Nicht Mann, nicht Frau, nicht schwul oder hetero, nicht Christ oder Muslim, sondern Mensch.

Die Familie müsse für die CDU die Keimzelle der Gesellschaft bleiben, aber eben auch für verheiratete Homosexuelle, sagt Spahn und nennt sich selbst als Beispiel. Er hatte bereits vor Monate zu Protokoll gegeben, er könne sich vorstellen, mit seinem Mann Eltern zu werden (MANNSCHAFT berichete).

Die CDU denke nicht wie andere Parteien in Kategorien. Nicht Mann, nicht Frau, nicht schwul oder hetero, nicht Christ oder Muslim, sondern Mensch. Spahn spricht von einem weltoffenen Patriotismus.


Ein weiterer Leitsatz sei die innere Sicherheit. Die CDU sei die einzige Partei, die sich bedingungslos hinter alle Uniformierten stelle. Von deren Arbeit würden schliesslich alle profitieren. Denn, so zitiert ihn die Zeit: «Selbst der linksliberale Schwule, der morgens um sechs vom Berghain nach Hause fährt, will doch am Ende in der U-Bahn sicher sitzen können.»

«Die CDU ist nicht erledigt», ruft Spahn den Delegierten zu. Jetzt gehe es darum, nach dem Wahldebakel wieder aufzustehen. «Ich habe Lust darauf, diese neue CDU zu gestalten.»


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