Jake Daniels: Coming-out durch Tom Daley inspiriert
In «Out and Proud in Football» erzählt der Profi-Kicker von seiner Reise zu sich selbst
Am 28. Dezember strahlt der britische Sender Channel 4 die Doku «Out and Proud in Football» aus. Darin berichtet der 17-jährige Blackpool-Fussballer Jake Daniels, wie Olympiasieger Tom Daley ihm half, seine Sexualität zu akzeptieren.
Der Nachwuchsstar Jake Daniels ist der einzige professionelle männliche Fussballer in Grossbritannien, der offen schwul ist (MANNSCHAFT berichtete). In der neuen Doku spricht er darüber, wie LGBTIQ-Sportkollege Tom Daley ihn mit seiner Weihnachtsbotschaft von 2021 inspirierte, das grösste Tabu der Fussballwelt zu brechen.
Zur Erinnerung: Letztes Jahr hatte Channel 4 eine sogenannte «alternative Weihnachtsbotschaft» von Tom Daley gesendet. In dieser plädierte der gefeierte Olympiasieger für einen «kulturellen Wandel» im Sport und sprach gezielt die omnipräsente Homophobie im Fussball an.
Daley äusserte dabei «einen Wunsch» fürs kommende Jahr, nämlich den, dass ein Spieler aus der Premiere League sich öffentlich hinstellen würde und sagt: «Ich bin schwul.» Das könnte, so Daley, LGBTIQs auf der ganzen Welt inspirieren und tausenden Teenagern Hoffnung geben, die mit ihrer Sexualität kämpften, ausserdem würde es die Leben von unzähligen jungen Menschen retten, die glaubten, derzeit keinen Platz in der Welt für sich zu finden, so Daley.
In «Out and Proud in Football» erklärt Daniels jetzt, dass diese Weihnachtsbotschaft ihn stark berührt» habe. Vor der Daley-Ansprache dachte er: «Im Fussball ist Schwulsein unmöglich – nach wie vor. Also hatte ich die Wahl: entweder ich lebe mein Leben als Lüge und spiele weiter Fussball, oder ich oute mich und höre auf.»
«Tom Daley: Illegal To Be Me» Dann sah Daniels am ersten Weihnachtstag 2021 Daley auf Channel 4. Und hörte dessen Wunsch, wie unglaublich es wäre, wenn ein Profi-Spieler doch endlich öffentlich zu seiner Homosexualität stehen würde.
«Ich habe diese Weihnachtsbotschaft immer wieder und wieder angeschaut», so Daniels. «Schliesslich habe ich mich entschieden – mit der Unterstützung meiner Freunde, Familie und der von Tom – das Coming-out zu wagen.»
Daniels sagte im Mai 2022 gegenüber dem Sender Sky Sports, er habe geglaubt, «die Wahrheit immer verstecken zu müssen» als professioneller Fussballer. Aber er wolle kein derartiges Versteckspiel. Weswegen er sich zu diesem Schritt entschlossen habe.
Damals ergänzte Daniels: «Ich hoffe, dass ich durch mein Coming-out so etwas wie ein Vorbild sein kann, das anderen hilft, es mir nachzutun, wenn sie das wollen.»
Daley war 2013 – genau wie Daniels jetzt – um die 18 Jahre alt, als er zum LGBTIQ-Aktivisten im Sport wurde. Der Wasserspringer sprach unlängst in einer eigenen Doku mit dem Titel «Tom Daley: Illegal To Be Me» über die Homophobie, die er weltweit im Bereich Profisport erlebt hat.
Der tragische Fall von Justin Fashanu Die Lage im Fussball sei im Vergleich zu anderen Sportarten besonders «katastrophal», schreibt das LGBTIQ-Nachrichtenportal Pink News im Bericht über «Out and Proud in Football» und erinnert daran, dass Daniels der erste professionelle Kicker in Grossbritannien ist, der seit Justin Fashanu 1990 ein Coming-out gewagt hat. Fashanu hat wegen homophober Anfeindungen wenig später Selbstmord begangen.
Wie solche Anfeindungen noch heute aussehen können, zeigt aktuell die Netflix-Serie «Élite» in der neuesten Staffel am Beispiel des (fiktiven) Fussballers Cruz Carvalho, der nach seinem späten Coming-out zwar gefeiert wird von der LGBTIQ-Community und von seinem Sohn Ivan, aber von spanischen Fans ausgebuht und schliesslich zu Tode geprügelt wird – weil sie Schwule für wertlos ansehen, mit denen man «so was» halt machen kann. Es ist ein besonders eindrücklicher Moment in der Serie, der zum Nachdenken anregt.
Global betrachtet ist Daniels neben dem australischen Top-Spieler Josh Cavallo derzeit der einzige offen schwule aktive Fussballer. Sowohl Daniels als auch Cavallo hatten sich gegen die FIFA und die WM in Katar ausgesprochen (MANNSCHAFT berichtete).
«Ich spiele für euch Fussball, aber ihr könnt mich nicht respektieren als der, der ich bin?» Der britischen Ausgabe von Vogue sagte Daniels in der Dezemberausgabe: «Ich weiss, dass einige Leute das Event boykottieren wollten, was gut gewesen wäre. Aber die WM ist ein Megaereignis. Wenn jemand sich wohl damit fühlt hinzufahren und mitzumachen, soll er es tun.»
Für sich selbst konstatiert er: «Mich hätte das frustriert. Denn wieso sollte ich mein persönliches Leben für andere Leute verstecken? Das heisst ja, ich spiele für euch Fussball, aber ihr könnt mich nicht respektieren als der, der ich bin? Das will ich nicht mitmachen», so Daniels.
Kürzlich postete er auf Instagram ein Bild, dass er jetzt Teil der dreistreifigen Adidas-Familie sei, die ihn als LGBTIQ-Vorbild für Werbezwecke einsetzt und damit ein deutliches Zeichen in die Sportwelt sendet. In der Vogue sagt Daniels derweil, dass er die Schockwellen unterschätzt habe, die sein Coming-out ausgelöst hat. «Es ist immer noch nicht ganz durchgesickert», so Daniels. «Und dann bekam ich natürlich gleich noch einen Anruf von Elton John – das war verrückt.»
Trotzdem erklärt Daniels auch gegenüber Vogue, dass er sich seit dem Coming-out endlich frei fühle – die vielen unterstützenden Kommentare unter seinen Insta-Posts, auch von Teamkollegen, zeugen von anhaltender Bewunderung für seinen «heroischen» Schritt.
Dass Channel 4 als öffentlich-rechtlicher Sender in Grossbritannien Daniels‘ Geschichte nun so prominent an die Öffentlichkeit trägt, zeugt davon, dass die Verantwortlichen – nach dem Ende der umstrittenen WM in Katar – weiter grossen Handlungsbedarf sehen.
Am 8. Januar hat Jake Daniels übrigens Geburtstag und wird 18.
Nach seinem öffentlichen Coming-out bekam der SRF-Moderator Michael Rauchenstein viele Liebesbriefe (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
News
«Transgender-Irrsinn»: Trump will zurück zur Zwei-Geschlechter-Ordnung
Der designierte US-Präsident hält den Schutz von Minderheiten für eine Verirrung elitärer linker Kreise
Von Newsdesk/©DPA
TIN
Fitness
Muskelsucht unter schwulen Männern: Wenn dich das Spiegelbild trügt
In den sozialen Medien präsentieren Männer ihre durchtrainierten Körper vor Millionen von Menschen. Um ihnen nachzueifern, greifen Follower sowohl zur Hantel als auch zu Steroiden. Mit gravierenden Konsequenzen für Körper und Psyche.
Von Greg Zwygart
Lifestyle
Sport
Soziale Medien
Schwul
Gesundheit
Interview
«Eine Unzufriedenheit mit dem Körper gehört zum Geschäftsmodell von Gyms»
Roland Müller ist Angebotsleiter für Muskel- und Fitnesssucht bei der Fachstelle Prävention Essstörungen Praxisnah (PEP) des Inselspitals Bern. Wir sprachen mit ihm über Dysmorphophobie.
Von Greg Zwygart
Lifestyle
Sport
Soziale Medien
Schwul
Gesundheit
News
Trump stellt schwulen US-Botschafter für Belgien ab
Der designierte Präsident Donald Trump hat einen neuen US-Botschafter in Belgien ernannt. Seine Wahl scheint auf den ersten Blick verwunderlich
Von Newsdesk Staff