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«Gewalt ist keine Lösung, aber in gewissen Fällen die einzige Antwort»

In Bern gab es für LGBTIQ-Menschen einen Selbstverteidigungskurs gegen Hassgewalt

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Sicheres Auftreten und Angriffe offensiv abwehren sind Bestandteile des Selbstverteidigungskurses. (Bild: Mannschaft Magazin)

Am 23. und 24. Oktober fand in Bern ein Selbstverteidigungskurs für Queers statt. Die Teilnehmenden lernten, Hassgewalt im Ernstfall abzuwehren und sich selbst zu schützen. Dazu gehörte auch der Mut, selbst zuschlagen zu können.

Idyllisch gelegen neben der Aare führte Tian Wanner in der Turnhalle Altenberg in Bern einen Selbstverteidigungskurs für die LGBTIQ-Community durch. Rund 15 Personen nahmen teil. Tian ist Cheftrainer von Functional Fighting und Experte für Selbstsicherheit in Hochstresssituationen.

«Wir trainieren Situationen, in denen du im öffentlichen Raum unterwegs bist und jemand auf dich zukommt, der dich beleidigt und aggressiv ist», erklärt Tian. Die zwei Kurstage zielten darauf ab, das Selbstvertrauen, die mentalen Fähigkeiten und körperlichen Techniken der Teilnehmenden zu stärken. Dazu gehören unter anderem ein selbstbewusstes Auftreten, verbal Grenzen zu setzen sowie die Bereitschaft, einen Angriff offensiv abzuwehren.

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Tian Wanner ist Experte für Selbstsicherheit in Hochstresssituationen.(Bild: Mannschaft Magazin)

«Für viele Teilnehmende ist das weit ausserhalb ihrer Komfortzone. Wir lernen, einem anderen Menschen auch ins Gesicht zu schlagen», sagt Tian. Dabei sei es normal, dass man sich zuerst einmal überwinden müsse. «Wir schaffen ein sicheres Umfeld, in dem man solche Sachen ausprobieren kann.»


Tian betont, dass die erste und beste Reaktion in einer bedrohlichen Situation fast immer der Rückzug sei. «Manchmal geht das aber nicht und dann ist eine Gewaltanwendung zwingend notwendig. Gewalt ist keine Lösung, ausser in Situationen, in denen es keine andere Lösung mehr gibt», sagt er. «Ich empfehle immer, konsequent für die körperliche und geistige Gesundheit einzustehen und sich aktiv vor Gewalt und Übergriffen zu schützen.»

Kursteilnehmerin Stephenie Vee erhofft sich durch den Kurs mehr Sicherheit im öffentlichen Raum. Weltweit geraten Gewaltverbrechen gegen trans Frauen immer wieder in die Schlagzeilen. «Das macht Angst und führt dazu, dass ich mich generell nicht sehr sicher fühle», sagt sie gegenüber MANNSCHAFT.

LGBTIQ-feindliche Gewalt habe sie glücklicherweise nicht direkt erfahren, wohl aber miterlebt – im Zürcher Niederdorf. In den letzten Jahren schafften es immer wieder Vorfälle in die Schlagzeilen (MANNSCHAFT berichtete). «Das gab mir zu denken. Ich fragte mich, wie es mir heute gehen würde, wäre mir so etwas zugestossen», sagt sie. Mit Ausnahme vom Nachtleben fühlt sie sich im Alltag jedoch sehr sicher. «Ich habe ein gutes Passing. Im Vergleich zu früher sieht man mir weniger an, dass ich trans bin.»


Der Kurs mit Tian Wanner habe ihr vor allem Selbstvertrauen geschenkt. «Ich habe realisiert, dass ich im Gegensatz zu den Männern im Kurs weniger Körperkraft habe. Daher ist es umso wichtiger, dass ich weiss, wie ich meinen Körper als Waffe einsetzen kann», sagt sie. «Tian hat mir gezeigt, dass auch ich rechten Dampf habe und etwas bewirken kann.»

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Rund 15 Personen machten am Kurs in Bern mit. (Bild: Mannschaft Magazin)

Stephenie empfiehlt den Selbstverteidigungskurs all denjenigen, die sich auf irgendeine Art und Weise im öffentlichen Raum schwächer oder unsicher fühlen. «Vor allem junge Frauen und Mädels können lernen, wie sie sich mit der richtigen Technik wehren können, wenn sie einem Angreifer körperlich unterlegen sind», sagt sie.

Nach Durchführungen in Zürich und Bern findet der nächste Selbstverteidigungskurs für Queers am 4. und 5. Dezember in Zürich statt. Die Anmeldung erfolgt über die Webseite von Pink Cross.


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