Gesetzentwurf gegen Konversionstherapien «enttäuschend»
Die GRÜNEN-Sprecherin für Queerpolitik Schauws fordert Nachbesserungen
Am Mittwoch wird Gesetzentwurf der Bundesregierung «zum Schutz vor Konversionsbehandlungen» abschliessend im Gesundheitsausschuss beraten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) kritisiert, er verfehle seine Ziele und verschlechtere die bisherige Situation sogar noch. Die GRÜNEN-Sprecherin für Queerpolitik, Schauws, fordert Nachbesserungen.
Das Bundeskabinett hatte im Dezember einen Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) für ein Verbot von Konversionstherapien bei Minderjährigen auf den Weg gebracht (MANNSCHAFT berichtete). Zur bevorstehenden abschliessenden Beratung des Entwurfes im Gesundheitsausschuss appelliert nun Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik der grünen Bundestagsfraktion an die Grosse Koalition: «Die aktuelle Fassung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Schutz vor Konversionsbehandlungen ist enttäuschend und verdient seinen Namen nicht. Er muss im Endspurt des parlamentarischen Verfahrens mindestens in drei Punkten nachgebessert werden.»
So reagiert Xavier Bettel auf «Homoheiler»-Aussage aus Israel
Dies sei in der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss am 11. März 2020 deutlich geworden. Auch der Bundesrat sowie verschiedene Verbände wie Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) teilten die Kritik – etwa am Begriff Behandlung statt Therapie – und forderten eine Nachbesserung des Entwurfes. Der Berliner Student Lucas Hawrylak hatte mit einer Petition über 115.000 Unterschriften für ein Verbot von Konversionstherapien gesammelt (MANNSCHAFT berichtete).
Die grüne Bundestagsfraktion bringt im Gesundheitsausschuss drei Änderungsanträge ein, die die «essentiellen Schwachstellen des Gesetzentwurfes der Bundesregierung betreffen»
– Der Regierungsentwurf soll die Durchführung von Behandlungen an Volljährigen erlauben, wenn eine informierte Einwilligung vorliegt. Das widerspricht dem Ziel des Gesetzes, Menschen vor sogenannten Konversionsbehandlungen zu schützen. Daher soll in Anlehnung an die Sozialgesetzgebung eine Schutzaltersgrenze von 26 Jahren vorgesehen werden. Bei jungen Menschen in der Altersgruppe zwischen 18 und 26 Jahren ist vielfach ein vergleichbarer Schutzbedarf wie bei Minderjährigen gegeben, gerade auch was Coming-out-Verläufe und familiäre Abhängigkeiten angeht.
– Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll der Straftatbestand nicht auf Personen angewendet werden, die als Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte handeln, sofern sie durch die Tat ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht nicht gröblich verletzen. Diese Straffreistellung suggeriert, dass Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte Konversionsbehandlungen durchführen können, ohne dabei ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht gröblich zu verletzen. Das konterkariert das Ziel des Gesetzentwurfes sowie die auch in seiner Begründung zitierten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die zweifellos die Schädlichkeit dieser Pseudotherapien belegen, bis zur Gefahr eines Suizids.
– Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass für Konversionsbehandlungen an Volljährigen nicht-öffentlich geworben werden kann. Das ist angesichts der Schädlichkeit dieser Pseudotherapien nicht zu rechtfertigen und mit Rechtsunsicherheit und der Gefahr der Umgehung des Verbots verbunden. Hier soll eine Vorschrift geschaffen, die impraktikabel ist und Schlupflöcher bereithält.
Zudem werde auch über den grünen Antrag zum umfassenden Aktionsplan gegen Konversionsbehandlungen jenseits eines strafrechtlichen Verbotes debattiert. Zu den Massnahmen gehören u.a. Kampagnen, die die Akzeptanz der Vielfalt sexueller Orientierungen, geschlechtlicher Identitäten und von Geschlechtsmerkmalen vergrössern und über die Gefährlichkeit von Behandlungen aufklären.
Ehemaliger «Homoheiler» soll Jungen missbraucht haben
Hiermit sollen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Bundeszentrale für politische Bildung sowie Jugendhilfeeinrichtungen beauftragt werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die Aufklärungsarbeit leisten, sollen finanziell unterstützt werden. Darüber hinaus sollten die Richtlinien des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung überprüft werden, damit die sogenannten «Konversionstherapien» nicht unter anderen Leistungen abgerechnet werden können.
Und schliesslich müsse klar sein, dass das Anbieten solcher Pseudotherapien, die die grundrechtlich geschützte Menschenwürde der Betroffenen verletzt, der Gemeinnützigkeit entgegenstehe.
Das könnte dich auch interessieren
Queerfeindlichkeit
Trans Personen in den USA: «Pride bedeutet Widerstand»
Ein Besuch bei der trans Community kurz vor Beginn des Worldpride in Washington
Von Newsdesk/©DPA
Pride
TIN
Sport
Wegen Geschlechter-Tests: Turnier ohne Box-Olympiasiegerin Imane Khelif
Olympiasiegerin Imane Khelif startet nicht bei einem Box-Turnier in den Niederlanden. Die Organisator*innen bedauern dies und geben dem Weltverband die Schuld.
Von Newsdesk/©DPA
News
TIN
Berlin
Mobbingfall gegen schwulen Lehrer: Senatorin verteidigt sich
Ein schwuler Lehrer berichtet von Mobbing gegen ihn an seiner Schule. Die CDU-Bildungssenatorin weist Kritik im Umgang damit zurück und beklagt ein Dickicht an Zuständigkeiten.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Schwul
News
Buch
Nobelpreis und Polizeischutz – 150 Jahre Thomas Mann
In seiner Heimat machte er sich viele Feinde, und zu seinem Lebensende kehrte Thomas Mann Deutschland lieber den Rücken. Zum runden Geburtstag des schwulen Schriftstellers aber wird sein Kampf für die Demokratie gross gewürdigt.
Von Newsdesk/©DPA
Schweiz
Kultur
Deutschland
Schwul