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Gamescom 2022 mit mehr Vielfalt: Vom Klischee zur starken Heldin

Gamescom
Videospielmesse Gamescom in Köln (Foto: Oliver Berg/dpa)

Noch bis zum 28. August 2022 werden auf der Gamescom Videospielträume wahr. Ein Blick auf die Spieleneuheiten zeigt eine spannende Entwicklung: Immer mehr Games haben starke weibliche Figuren.

Die Szene setze ein Zeichen gegen Geschlechterstereotype und für mehr Diversität; unterstützt werde dieser Trend durch die Equal eSports Initiative der Telekom, heisst es in einer Pressemitteilung am MIttwoch.

Auf der Gamescom in Köln reihen sich Retro-Games an neue Veröffentlichungen, Strategiespiele an Shooter und zunehmend auch männliche Protagonisten an weibliche Hauptfiguren. In «Syberia: The World Before» suchen Spieler*innen in der Rolle der Salzbergwerkarbeiterin Kate nach ihrer Identität. Bei „Age of Darkness» beschwören sie als Königin des Nichts ihre Untertanen. In «The Knight Witch“ schlagen sie sich als Ritterhexe durch eine unterirdische Stadt. Alle drei Spiele sind Teil der diesjährigen Gamescom. Mit ihren weiblichen Figuren sind sie zudem Ergebnis einer neuen Bewegung. Denn viele Jahre war die Darstellung von Frauen in Videospielen höchst problematisch.

«Sichtbarkeit von Frauen gibt es schon sehr lange, aber wirkliche Repräsentation haben wir lange gar nicht gesehen», erklärt Finja Walsdorff, wissenschaftliche Expertin für Games und Gender an der Universität Siegen. Laut der Wissenschaftlerin wurden weibliche Figuren in Spielen vor allem auf Klischees reduziert. Sei es als Antrieb für die Handlung des männlichen Helden, als schmückendes Beiwerk, als Belohnung oder als sexualisiertes Objekt. Konkrete Beispiele gibt es viele, etwa «God of War», wo Spieler*innen im Bordell mit weiblichen Figuren schlafen und dadurch «Power Ups» generieren können. Oder auch Lara Croft, der Inbegriff für die Sexualisierung weiblicher Charaktere.


Der Grund für die stereotypen Bilder sei laut Finja Walsdorf die antizipierte Zielgruppe: «Spielen haftet bis heute das Image an, dass es Boys Toys wären, also Spielzeuge für Jungs.» Werbung und Darstellungsformen waren vor allem an ein imaginiertes weisses, männliches, heterosexuelles Publikum angepasst. Und das, obwohl Frauen bereits seit Jahrzehnten ein grosses Interesse an digitalen Spielen haben. Laut dem Verband der deutschen Games-Branche sind fast 50 % der 34 Millionen Gamer*innen in Deutschland weiblich. Frauen sind also eine relevante Zielgruppe – mit ganz eigenen Interessen und Bedürfnissen. Und die werden von der Industrie immer häufiger ernst genommen und erfüllt.

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Videospielmesse Gamescom (Foto: Oliver Berg/dpa)

Im Kontext von Gender haben sich Spiele sehr stark in eine positive Richtung weiterentwickelt. Immer mehr Entwickler brechen mit Stereotypen, integrieren weibliche Figuren, gestalten sie diverser und rücken sie ins Zentrum der Handlung. Dieser progressiven Tendenz auf der Darstellungsebene hinke die Spielkultur selbst noch hinterher, sagt die Wissenschaftlerin. «Vor allem sind es Teile der vorwiegend männlichen Spielerschaft, die ein Problem damit haben, dass zum Beispiel die Frauendarstellung sich verändert hat. Für Teile der Spielerschaft bleibt die Spielekultur eine Männerdomäne.»

Sogenannte Dark Participation, also Phänomene wie Hate Speech, Trolling oder Fake News, seien die Folge. Finja Walsdorff ergänzt, dass «Sexismus trotz der veränderten Darstellungsebene von Spielen ein strukturelles Problem der Spielkultur und Spieleindustrie bleibt.»



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Das zeige sich auch im Profibereich. Im eSport haben «Frauen schon eine viel grössere Hürde im unteren Bereich, da sie viel häufiger mit Sexismus und Beleidigungen konfrontiert werden», sagt Kristin Banse, erfahrene Gamerin und Mitglied im Equal eSports Council. Das beginnt bereits bei Amateur*innen. Hier werden Spielerinnen in Voice- oder Text-Chats aufgrund ihres Geschlechts angefeindet. Viele Frauen hören aufgrund solcher Erlebnisse wieder mit dem Gaming auf. Die Karriere endet, bevor sie richtig begonnen hat.

Auf der semi-professionellen Ebene folgt die nächste Herausforderung: Frauen finden nur schwerlich ein Team. Hier gebe es eine grosse Zurückhaltung, was weibliche Spieler*innen angeht. Kristin Banse spricht von einer «No Girls allowed»-Mentalität. Schaffen es weibliche Talente doch in ein Team, erleben sie mitunter auch dort Diskriminierung. Im Spitzensport setze sich das fort. Anstelle von konstruktivem Feedback erhielten die Spielerinnen abwertende Sprüche – und zwar nicht nur im Game durch Mitspielende, sondern auch in der Öffentlichkeit. «Die Frau muss immer dreimal besser sein, weil sonst immer Leute sagen, du hast dich hochgeschlafen. Und deswegen ist es super schwierig, als Frau an die Spitze zu kommen und deswegen gibt es so wenige.»

Kristin Banse blickt dennoch positiv in die Zukunft. Denn der Unterschied sei schon jetzt sichtbar. Zum Beispiel anhand der grossen Anzahl weiblicher Zuschauer*innen auf eSport-Events. Für eine Gleichberechtigung von männlichen und weiblichen Spieler*innen habe der eSport selbst zudem ideale Voraussetzungen: «ESport bietet diese charmante Möglichkeit, dass alle gemeinsam miteinander spielen.» Anstelle von körperlichen Attributen zählen geschlechtsunabhängige Fertigkeiten wie mentale Stärke, ein gutes Reaktionsvermögen, strategisches Geschick und hohe Konzentration.

«Das Ziel ist, eines Tages gemischte Teams zu haben, dass alle gemeinsam antreten. Der Umweg ist über die Frauenteams, weil es noch nicht möglich ist mit den gesellschaftlichen Problemen, die wir aktuell haben. Um Frauen zu fördern, müssen wir diesen Umweg gehen», sagt Kristin Banse. Eine wichtige Rolle spielt hier unter anderem die Equal eSports Initiative.

Seit September 2021 setzt sich die Telekom im Rahmen der Initiative gemeinsam mit SK Gaming und der esports player foundation dafür ein, talentierten Frauen ein ganzes Ecosystem bereitzustellen. Und das geht laut Antje Hundhausen, Vice President Brand Experience und Initiatorin der Equal eSports Initiative, über das reine Gamen hinaus. «Wir möchten mit der Initiative einen geschützten Raum bieten. Die Initiative ist eine Art Akademie, in der wir Spieler*innen Trainings, Weiterbildung, Aufklärung und Medienkompetenz bieten und auch zeigen, wie man mit Shitstorms und diskriminierenden Äusserungen umgehen kann. Es ist für uns eine gesellschaftliche Chance, die eSport-Bewegung zu unterstützen, um zentrale Themen wie Diversity, Gleichberechtigung, Werte, Gesundheit und digitale Bildung gemeinsam zu entwickeln.»


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