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Frauenfussball-EM: Kampf gegen Häme und Herabwürdigung lohnt sich

Viele Jahrzehnte galt der Sport von Kickerinnen als unweiblich

Frauenfussball
London: Frauenfussball-EM 2022 (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Gleich die erste TV-Übertragung von der Frauenfussball-EM in England hat der ARD sehr gute Zahlen beschert. Durchschnittlich 3,01 Millionen sahen das Eröffnungsspiel des Gastgeber-Teams gegen Österreich. Der lange Kampf der Kickerinnen hat sich gelohnt, schreib unsere Autorin in ihrem Kommentar*.

Seit Mittwoch läuft in England die Europameisterschaft im Frauenfussball. 47 Teams sind in der Qualifikation angetreten, 16 Teams erreichten die Endrunde. Dabei sind neben Deutschland, Österreich und der Schweiz auch die skandinavischen Länder, Spanien und Portugal, England und Nordirland und die Niederlande, die den Titel im Turnier verteidigen.

Da gerade im Frauenfussball viele Lesben vertreten sind, zählt Frauenfussball auch zu den Lieblingssportarten unter Lesben. Viele Vereine haben regelrechte weibliche Fanclubs. Für viel junge Lesben und queere Mädchen ist Fussball – ob als Fan oder Spielerin – oft ein gutes Ventil, mit ihrem Anderssein fertig zu werden oder weiblichen Stereotypen zu entfliehen. Viele Mädchen spielen auch erst mit Jungen zusammen, denn noch viele Fussballclubs weigern sich, Mädchenteams zu gründen – manchmal unter fadenscheinigen Argumenten wie fehlenden Kabinen oder Toiletten.

Frauenfussball galt viele Jahrzehnte als unweiblich. Nach ersten zarten Versuchen in den 20er und 30er Jahren, wurde Frauenfussball unter den Nationalsozialisten wieder verboten. 1968 wurde das erste offizielle Frauenfussball-Elf als «BSG Empor Mitte Dresden» gegründet. 1970 hob in Westdeutschland der DFB endlich das Frauenfussballverbot auf – unter der Auflage, dass die Spielzeit verkürzt und eine Winterpause eingehalten wird, weil die Frauen zu schwach seien. Fussballspielende Mädchen und Frauen mussten sich viel Häme und Herabwürdigung bieten lassen. «Mannweiber» war noch eine der harmloseren Varianten.



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Seit 1993 erst gelten die gleichen Regeln bei Frauen wie bei den Männern. Heute erlebt der Frauenfussball einen regelrechten Hype. Die Spiele werden im Fernsehen übertragen, grosse Clubs wie Bayern oder Wolfsburg leisten sich Profiteams. Langsam aber sicher erreichen die Frauen auch, dass ihre Trainingsbedingungen professionalisiert werden und der Teufelskreis der Argumente durchbrochen wird – wenig Geld für Spielerinnen und Stab, weil wenig Zuschauende, wenig Geld.

Immer mehr Nationen leisten sich auch teure Teams und und eine Profiliga wie Frankreich. In den USA wächst eine Profiliga und die Frauen der Nationalelf haben sogar über Jahre hinweg gleichen Lohn für gleiche Arbeit erkämpft – dabei sind sie bei weitem erfolgreicher als die Männermannschaft. Prominente Unterstützung erhalten sie dabei auch inzwischen aus dem Showbusiness und anderen Sportarten. So ist das Team Angels City FC mehrheitlich in der Hand von Frauen wie Natalie Portman, Uzo Aduba, Christina Aguilera und Jessica Chastain sowie zahlreiche Ex-Nationalspielerinnen und anderen Sportlerinnen.


Die deutsche Nationaltorhüterin Almuth Schult gehört nach der EM auch zu diesem Team. Mit berühmten Spielerinnen aus Schweden, Frankreich und den USA, die sich geoutet haben, konnten auch viele Mädchen, die mit ihrer Homosexualität oder Bisexualität haderten, berühmte Vorbilder bekommen – und vor allem können berühmte lesbische Spielerinnen weibliche Stereotype aushebeln. Nilla Fischer, Abby Wambach, Megan Rapinoe, Ashlyn Harris, Ali Krieger, Martina Voss-Teckenburg – Frauenliebende Frauen kommen im Fussball unaufgeregt rüber. Im Männerfussball ist der Weg wesentlich steiniger. Die Anhängerschaft sieht mehrheitlich in der Sportart eine letzte Domäne „echter Männlichkeit“ und schwule Spieler müssen immer noch fürchten, dass ein Outing das Karriereende bedeuten könnte. Der Nationalspieler Thomas Hitzlsberger outete sich erst nach seinem Karriereende (MANNSCHAFT berichtete).

Ich drücke den EM-Frauen beide Daumen für ein gutes Turnier und allen schwulen Spielern, dass sie den Mut zum Coming-out finden und dannach auch die nötige Unterstützung durch die Community.

*Jeden Samstag veröffentlichen wir auf MANNSCHAFT.com einen Kommentar oder eine Glosse zu einem aktuellen LGBTIQ-Thema. Die Meinung der Autor*innen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.


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