Estlands Innenminister: Homosexuelle sollen «nach Schweden abhauen»
Die Präsidentin des Landes kritisierte die Äusserungen von Mart Helme scharf
Innenminister Mart Helme und seine Partei, die Konservative Volkspartei Estlands (EKRE), wollen die Ehe per Referendum als Vereinigung von Mann und Frau in der estnischen Verfassung festschreiben lassen. In einem Interview soll der Minister nun Homosexuellen sogar empfohlen haben, nach Schweden zu gehen, um dort ihre «Homo-Propaganda» abzuziehen.
Die Präsidentin von Estland, Kersti Kaljulaid, kritisierte die «einfach abstossenden» Ansichten des Ministers. Die hatte er in einem Interview mit dem russischen Dienst der Deutschen Welle, gemacht. Darin hatte er auch zugegeben, dass er «wirklich nicht freundlich» zu homosexuellen Menschen sei.
Ohne Ehe – ohne Frauen und Männer, die Kinder haben – gäbe es keine Zukunft, sagte er, darum brauche es eine Referendum über die Festschreibung der Ehe als Verbindung von Mann und Frau in der Verfassung. «Wir wollen, dass der Staat erhalten bleibt, und er kann nicht ohne Kinder und ohne Moral erhalten werden», so der Minister, der der rechtspopulistischen Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) angehört.
Der Interviewer fragte ihn daraufhin, ob denn Homosexuelle die estnische Nation angreifen und überfluten würden. «Lass sie nach Schweden rennen. Jeder dort behandelt sie höflicher», antwortete Helme.
Als er der Homophobie bezichtigt wurde, erwiderte er: «Es ist keine Homophobie. Ich würde sagen, dass diejenigen, die unser Referendum für unnötig halten, heterophob sind – sie betreten die Schlafzimmer von Heterosexuellen. Sie tun es, nicht wir.»
Weiter erklärte Helme: «Wenn sie ihre Homo-Propaganda machen können, können wir auch andere Propaganda machen». (In Ungarn steckte kürzlich eine rechtspopulistische Politikerin ein queeres Märchenbuch in den Reisswolf, um gegen «Homo-Propaganda» vorzugehen – MANNSCHAFT berichtete)
Später behauptete der Minister, seine Worte seien «falsch interpretiert» worden, aber die liberal-konservative Präsidentin beeindruckte das nicht. Helme habe versucht, das Land mit «Bösem und Hass» zu provozieren und zu spalten, sagte sie, was sie «einfach empörend» fand, so Kaljulaid.
Sie verstehe die unverhohlene Feindseligkeit von Innenminister Helme nicht, erklärte sie via Facebook am vergangenen Sonntag. Menschen auf Grundlage der sexuellen Orientierung, der Hautfarbe oder anderer Merkmale als richtig und falsch einzuteilen, sei inakzeptabel und widerspreche dem Geist der Verfassung des Landes. Helme sei «ungeeignet», dem Kabinett anzugehören, so die Präsidentin.
Es «beschäme» sie und mache sie «traurig», dass die Menschen in Estland erneut erfahren müssen, dass sie einen Minister haben, für den die Menschenwürde «weniger wichtig ist als sein Recht, seine Machtposition zu nutzen, um andere zu erniedrigen». Das Böse und der Hass könnten niemals eine politische Agenda sein, an die sie glaube.
Der estnische Premierminister Jüri Ratas, Vorsitzender der estnischen Zentrumspartei, verurteilte die Ansichten von Helme ebenfalls. Er erinnerte daran, dass die estnische Verfassung deutlich mache, dass in den Augen des Gesetzes alle Menschen gleich sind und dass niemand diskriminiert werden sollte. Es verbiete zudem auch die Anstiftung zu Diskriminierung oder Hass.
Helme wurde von seinem EKRE-Parteichef und Namensvetter Martin Helme verteidigt. Man wolle hier nur einen Skandal aufbauschen. Dabei sei es doch so: Jede*r könne Estland verlassen und sich frei dorthin bewegen, wo man es mehr möge. «Das gehört zu den Freiheiten, für die wir dankbar sein sollten», so der Finanzminister.
Seit 2016 können schwule und lesbische Paare in Estland ihre Partnerschaft amtlich eintragen lassen (MANNSCHAFT berichtete). Homosexualität ist in dem baltischen Land aber oft noch ein Tabuthema. LGBTIQ sind sozialer Isolation und offenen Anfeindungen bis hin zu Gewalt ausgesetzt.
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